Thermische Alterung bei verpressten Leistungsinduktivitäten

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Der Trend zu leistungsstärkeren, miniaturisierten Komponenten hat dazu geführt, dass passive elektronische Komponenten, wie Leistungsinduktivitäten, immer höheren Temperaturen standhalten müssen, was die Wahrscheinlichkeit einer thermischen Alterung erhöht.

Deshalb hat Würth Elektronik Hochtemperaturinduktivitäten mit verbesserter Zuverlässigkeit und Leistung entwickelt. Im Folgenden erfahren Sie, welche Eigenschaften diese haben und in welchen verschiedenen Anwendungen sie eingesetzt werden können.

Thermische Alterung – Die Ursachen

Wenn Komponenten wie Induktivitäten über einen längeren Zeitraum hohen Temperaturen ausgesetzt sind, führt das zur allmählichen Erosion des magnetischen Kernmaterials. Dieser Degradationsprozess wird thermische Alterung genannt. Bei Temperaturen über 100 °C verlieren Hochtemperaturwerkstoffe, wie die im Kern verwendeten Eisenlegierungen, ihre magnetischen Eigenschaften, was zu einem deutlichen Temperaturanstieg im Kerninneren und einem deutlichen Anstieg der Kernverluste und damit zu Leistungsverlusten führt. Aufgrund ihrer häufigen Belastung durch Wärmeschwankungen weisen Hochstrom-Induktivitäten einen besonders auffälligen Alterungseffekt auf.

Thermische Alterung – Der Degradationsprozess

Der Grossteil der thermischen Alterung findet bei Leistungsinduktivitäten im Kern statt. Der Kern von gepressten Leistungsinduktivitäten besteht aus einer Eisenlegierung oder einem anderen verdichteten magnetischen Material (siehe unten), dessen Eigenschaften sich bei wiederholter Hitzeeinwirkung verschlechtern. Daher kann sich die Fähigkeit der Induktivität, hohe Ströme zu verarbeiten, mit der Zeit verschlechtern, insbesondere in stark beanspruchten Betriebsumgebungen. Die Induktivität kann sich mit der Zeit immer stärker erwärmen, was zu einem Leistungsabfall führen kann. Systeme wie DC/DC-Wandler können dadurch an Effizienz verlieren, was zu Ausfällen führen kann.

Magnetische Materialien für Leistungsinduktivitäten

Für die Herstellung von Induktivitäten stehen verschiedene magnetische Werkstoffe zur Verfügung, darunter traditionelle Ferrite (Mn-Zn, Ni-Zn, Ni-Cu-Zn), weichmagnetische Metalle (Si-Fe, amorph, nanokristallin) und Metallpulverlegierungen (Fe-Si, Fe-Ni, Fe-Co). Die Kerne aus Metallpulverlegierungen haben zwar eine hohe Permeabilität, aber ihre isolierte Kornstruktur führt zu nichtmagnetischen Lücken, die die effektive Permeabilität (μe) auf unter 200 senken. Bei Ferriten und weichmagnetischen Metallen, die beide eine hohe Permeabilität (> 1000) aufweisen, muss für die Linearisierung der Hysteresekurve zur Vermeidung einer schnellen Sättigung ein Luftspalt eingefügt werden.

Typische Mikrostrukturen von weichmagnetischen Werkstoffen aus Metall/Legierung und schematische Wirbelstrompfade sowie SMCs.

Magnetische Pulverlegierungen bieten im Vergleich zu keramischen Werkstoffen eine zwei- bis dreifach höhere Sättigungsflussdichte und eignen sich daher für verschiedene Anwendungen. Bei weichmagnetischen Verbundwerkstoffen (Soft Magnetic Composites, SMCs) werden die Legierungen mit einer isolierenden Schicht überzogen und mit einem Bindemittel aus Polymer verpresst. Diese Struktur minimiert die Wirbelstromverluste und sorgt für einen gleichmässig verteilten Luftspalt entlang des Magnetpfades, wodurch sich SMC-Kerne ideal für Hochstrom- und Hochfrequenzanwendungen eignen.

In SMCs werden Wirbelströme aufgrund der Isolierung zwischen den Partikeln reduziert, was die Leistung bei Hochfrequenzanwendungen im Vergleich zu Ferriten und leitfähigen Weichmetallen verbessert. Sie zeichnen sich auch durch eine bessere Gleichstromvorspannung und Temperaturstabilität aus, wodurch sie sich hervorragend für Anwendungen mit hoher Strom- und Leistungsdichte eignen. Die langfristige Temperaturstabilität kann jedoch beeinträchtigt werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum hohen Temperaturen ausgesetzt sind und mit hohen Frequenzen arbeiten.

Thermische Alterung bei verpressten Leistungsinduktivitäten

Durch die langfristige Einwirkung hoher Temperaturen kommt es zur thermischen Alterung von verpressten Leistungsinduktivitäten, die ihre Funktionsfähigkeit nach und nach einschränkt. Mehr über diesen Prozess erfahren Sie unten im Video.

https://www.youtube.com/watch?v=xskl2VVUvSY

Thermische Alterungseffekte in verpressten Materialmischungen

Einige Anzeichen des thermischen Alterungseffekts sind laut Würth Elektronik erhöhte Leistungsverluste, steigende Eigenerwärmung, ein Anstieg der elektromagnetischen Emissionen (EMI) und eine Verschlechterung des Gütefaktors Q bei hohen Frequenzen. Mit dem Leistungsrückgang verändert sich auch das Aussehen des Kernmaterials. Das Ausmass dieser Veränderungen hängt dabei direkt von der Kerntemperatur, der Expositionsdauer und dem Kernmaterial ab. Um die ersten Auswirkungen der thermischen Alterung besser zu verstehen, wurden verschiedene verpresste Leistungsinduktivitäten zum Vergleich über einen Zeitraum von 1000 Stunden bei 200 °C getestet. Die nachfolgenden Bilder veranschaulichen, wie das Aussehen des Materials im Allgemeinen durch die steigende Temperaturen beeinflusst wird.

Verpresste Leistungsinduktivitäten derselben Artikel- und Losnummer mit AEC-Q200 Grad 0-Qualifikation (–55 °C bis +150 °C) vor dem Test (links) und nach dem Test (rechts) bei 200 °C über 1000 Stunden.

Die Exposition bei hohen Temperaturen über einen längeren Zeitraum führt dazu, dass sich die Isolationsbeschichtung und das Bindemittel im Eisenpulverkern zersetzen, was zu einer reduzierten Beständigkeit des Materials führt. Einige Hersteller bieten zwar Leistungsinduktivitäten mit AEC-Q200-Qualifikation an, doch es gibt bedeutende Unterschiede zwischen Induktivitäten mit entsprechender Qualifikation, die zusätzlich widerstandsfähig gegenüber thermischer Alterung sind, und solchen, die es nicht sind. Das wird deutlicher, wenn die getesteten Komponenten wie in den nachfolgenden Abbildungen im Detail untersucht werden. 

In der ersten Reihe sind nach dem Test bei Betrachtung unter einem Mikroskop mit 1000-facher Vergrösserung einige verbrannte Bereiche zu sehen. In der zweiten Reihe der rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen ist die Bildung von Sekundärschichten mit versengten Elementen zu sehen, die auf einen starken Verlust der Bindemitteldicke und eine Verschlechterung der Qualität hinweisen.

Der Verfärbungseffekt, der im ersten Bild zu sehen ist, ist auf die Verbindung des Beschichtungsmaterials und die Verbrennung der Isolierung zwischen den Partikeln der Komponenten zurückzuführen. Die Isolierschicht auf der Partikeloberfläche und die winzigen Luftspalten im SMC-Material werden bei höheren Temperaturen reduziert, da die Komponenten von der Grenzfläche in die Pulverpartikel zu sickern scheinen. 

Beide Abbildungen zeigen die Auswirkungen hoher Temperaturen auf das Kernmaterial, obwohl die Induktivitäten eine AEC-Q200 Grad 0-Qualifikation hatten (–55 °C bis +150 °C).

Auswirkung der thermischen Alterung auf die Systemleistung

Die thermische Alterung kann erhebliche Auswirkungen auf Systeme haben, die auf eine konstante Stromversorgung angewiesen sind, wie im Automobil-, Industrie- und Telekommunikationssektor. Die Fähigkeit von Induktivitäten, Transienten und Spitzenströmen standzuhalten, nimmt mit zunehmendem Alter ab. Bleibt dies unkontrolliert, kann es zu Problemen bei der Spannungsregulierung, zu Ineffizienzen bei Stromrichtern oder sogar zu einem Totalausfall des Systems kommen.

Fallstudie von Würth Elektronik: Test einer Leistungsinduktivität

Würth Elektronik testete seine neuen WE-LHMI Leistungsinduktivitäten mit einer Nennleistung von 10 µH und verglich sie mit Produkten ähnlicher Grösse und Induktivität der Konkurrenz. Insgesamt wurden 100 Proben 1000 Stunden lang in einer Klimakammer bei 200 °C ausgesetzt, wobei die Werte von L und Q regelmässig gemessen wurden. Die Induktivitäten erfüllen die AECQ-Qualifikationen Grad 0 und Grad 1 mit einer maximalen Betriebstemperatur von über 150 °C.

Wie in der nachstehenden Grafik zu sehen ist, blieb die 10-µH-Induktivität während des gesamten Tests innerhalb einer Toleranz von ±20 % bei 100 kHz, was deutlich macht, dass Standarddatenblattmessungen möglicherweise keine Leistungsänderungen erkennen lassen. 

Die folgende Abbildung zeigt jedoch, dass der Qualitätsfaktor Q bei anhaltend hohen Temperaturen abnimmt, selbst bei Induktivitäten mit hervorragenden AEC-Q200-Werten, trotz stabiler Induktivitätswerte.

Im Gegensatz zu einigen Konkurrenzprodukten weisen die verpressten Leistungsinduktivitäten WE-LHMI einen stabilen Q-Wert auf. Diese Stabilität gewährleistet eine verbesserte Effizienz und langfristige Zuverlässigkeit bei Hochtemperaturanwendungen.

Während die Q-Werte und die L-Messungen bei niedrigen Frequenzen nahezu übereinstimmen, sind oberhalb von 100 kHz deutliche Leistungseinbussen zu verzeichnen.

Wie lässt sich die thermische Alterung von Leistungsinduktoren abmildern?

  1. Materialauswahl
    : Eine der wirksamsten Methoden zur Verringerung der thermischen Alterung ist die Verwendung von Hochleistungs-Kernmaterialien. Zum Beispiel können Materialien mit höheren Curie-Temperaturen, wie verbesserte Eisenlegierungen, ihre magnetischen Eigenschaften unter Hitzebelastung länger beibehalten.
  2. Hochtemperaturbeständige Induktivitäten
    : Hoch entwickelte Induktivitäten, wie die Serien WE-MAPI und WE-LHMI von Würth Elektronik, sind für den Dauerbetrieb bei Temperaturen von bis zu 150 °C ausgelegt. Diese nach den AEC-Q200-Normen qualifizierten Bauteile weisen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen thermische Alterung auf. Nach 1000 Stunden bei 200 °C zeigen diese Induktivitäten nur minimale Leistungseinbussen.
  3. Thermisches Design
    : Ein angemessenes Wärmemanagement in der Designphase kann auch die Lebensdauer von Induktivitäten verlängern. Effektive Wärmeableitung, Optimierung des Luftstroms und Platzierung der Schaltkreise spielen alle eine Rolle bei der Vermeidung von Überhitzung der Komponenten.

Wählen Sie langfristige Zuverlässigkeit mit Würth Elektronik

Moderne Konstruktionsverfahren legen grossen Wert auf die Auswahl von Bauteilen mit nachgewiesener thermischer Alterungsbeständigkeit, da die thermische Stabilität so wichtig ist. Durch die Verwendung hochtemperaturtauglicher Induktivitäten kann langfristig Zuverlässigkeit garantiert, Wartungskosten gesenkt und ungeplante Systemausfälle verhindert werden. 

Würth Elektronik ist einer der wenigen Anbieter, der Induktivitäten in Hochtemperaturausführung anbietet. Die Produktreihe ist für die höchsten Anforderungen in der Industrie, im Automobilbau und in der Energiewirtschaft ausgelegt und hält den Belastungen der thermischen Alterung stand.

Weitere Einzelheiten zur thermischen Alterung finden Sie hier.

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