Angesichts der Folgen des Klimawandels versuchen immer mehr Länder, aus fossilen Energien auszusteigen und stattdessen auf erneuerbare Energiequellen wie Sonne oder Wind zu setzen. Diese sind jedoch volatil, da die Stromerzeugung wetterabhängig ist. Eine lückenlose Energieversorgung kann daher nur mit sehr grossem Aufwand von Speichertechnologien sichergestellt werden. Die Kernfusion, hingegen, ist nicht nur CO2-frei und grundlastfähig, sondern im Vergleich zur Kernspaltung auch sicherer und deshalb für viele der Hoffnungsträger als Energiequelle der Zukunft.
Wie in vielen anderen Bereichen, gewinnt KI auch in der Fusionsforschung an Bedeutung. Forschende der Princeton University und des Princeton Plasma Physics Laboratory (PPPL) des US-Energieministeriums nutzen künstliche Intelligenz, um ein Hochleistungsplasma ohne Instabilitäten aufrechtzuerhalten. Dadurch hebt KI die Kernfusion auf die nächste Stufe.
Das ist ein wichtiger Schritt in eine Zukunft, in der Kernfusion eine saubere Energiequelle ist und einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Umstellung auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit leistet.
Was ist Kernfusion?
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) definiert die Kernfusion als Prozess, bei dem zwei leichte Atomkerne zu einem schwereren Kern verschmelzen. In der Natur ist die Fusion die Energiequelle von Sonne und Sternen. Der Prozess findet im Plasma statt, einem Materiezustand, der aus positiv geladenen Ionen und freien Elektronen besteht. Wissenschaftler arbeiten schon seit längerem daran, ein Plasma auf der Erde zu erzeugen und zu kontrollieren.
Um die Kernfusion auf der Erde zu erreichen, müssen die Bedingungen in den Sternen nachgebildet werden. Dazu werden donutfömige Fusionsanlagen, sogenannte Tokamaksverwendet, um ultraheisses Plasma mit starken Magneten einzuschliessen und zu steuern und so kontrollierte Fusionsreaktionen unter irdischen Bedingungen zu ermöglichen.
Die Rolle der KI bei der Kernfusion
KI-gesteuerte Plasmakontrolle und -optimierung
Die Anwendung von KI in der Fusionsforschung hat die Plasmakontrolle und -optimierung erheblich verbessert. Princeton Engineering verwendet KI, um Plasmainstabilitäten, insbesondere Tearing-Mode-Instabilitäten, anzugehen, die zurzeit ein wesentliches Hindernis für eine erfolgreiche Energiebilanz der Kernfusion sind. KI-Modelle sind nun in der Lage, mögliche Plasmainstabilitäten bis zu 300 Millisekunden im Voraus zu erkennen, da sie von Experten anhand früherer experimenteller Daten trainiert wurden. Dadurch können die Plasmaparameter so eingestellt werden, dass die für erfolgreiche Fusionsreaktionen erforderliche Stabilität erhalten bleibt.
Verbesserung von Sicherheit und Effizienz in Fusionsreaktoren
KI spielt eine Rolle bei der Verbesserung der allgemeinen Sicherheit und Effizienz von Fusionsreaktoren und geht über die Plasmakontrolle hinaus. KI-Systeme sind in der Lage, Probleme in Kernfusionssystemen zu erkennen und zu diagnostizieren, was einen wesentlichen Beitrag zur vorausschauenden Wartung leistet und die Sicherheitsprotokolle verbessert. Darüber hinaus werden die Konstruktion von Fusionsreaktoren, die Auswahl der Materialien und sogar die Echtzeitüberwachung und -steuerung des Fusionsreaktionsprozesses mithilfe von KI-Technologien optimiert, was die Betriebseffizienz erhöht und die Wartungskosten senkt
Beschleunigung der Fusionsforschung durch KI-Innovationen
Die KI wird in der Kernfusionsforschung eingesetzt, um die Entwicklung praktischer Lösungen für die Kernfusionsenergie zu beschleunigen und die bestehende Technologie zu verbessern. Programme wie „AI for Fusion“ der IAEO sollen die Fusionsforschung und -entwicklung beschleunigen, indem sie ein Forum für die Zusammenarbeit und Kreativität der Beteiligten bieten. Laut CNN nutzen Unternehmen wie Tokamak Energy und Commonwealth Fusion Systems KI, um kleine, erschwingliche Fusionsreaktoren zu bauen und Verbesserungen bei wichtigen Komponenten wie Hochtemperatursupraleitern voranzutreiben. Damit steigt die Hoffnung auf eine Zukunft, in der die Kernfusion als saubere, nachhaltige und effiziente Energielösung weithin verfügbar ist.
Herausforderungen, die es noch zu bewältigen gibt
Plasmainstabilitäten und Materialprobleme
- Management von Plasmainstabilitäten: Tearing-Mode-Instabilitäten sind eine grosse Hürde, die Fusionsreaktionen innerhalb von Millisekunden zum Entgleisen bringen können. Bemühungen zur Beherrschung dieser Instabilitäten sind von entscheidender Bedeutung, da sie bei höheren Leistungen in Fusionsreaktoren immer ausgeprägter werden.
- Materialentwicklung: Der intensive Neutronenbeschuss bei der Deuterium-Tritium-Fusion stellt eine grosse Herausforderung dar. Die Entwicklung von Materialien, die solchen Bedingungen standhalten können, ist für den Einschluss von Fusionsbrennstoff und die Langlebigkeit von Fusionsreaktoren von entscheidender Bedeutung.
Fortschritte bei Fusionsenergieprojekten
- ITER- und STEP-Initiativen: Das ITER-Projekt, das weltweit grösste Fusionsprojekt in Frankreich, soll ab den 2040er Jahren eine kontinuierliche Energieleistung in der Grössenordnung eines Kraftwerks mit einer Leistung von 500 Megawatt erbringen. Gleichzeitig werden kleinere, innovativere Konstruktionen wie der Spherical Tokamak for Energy Production (STEP) entwickelt, die neben dem ITER als Pilotanlagen betrieben werden könnten.
- Rekordleistungen und künftige Ziele: Der Joint European Torus (JET) hat einen Weltrekord bei der Kernfusionsleistung aufgestellt und das Potenzial der bestehenden Technologien aufgezeigt. Das Ziel von Projekten wie ITER ist ab 2035 mit der Verbrennung von Fusionsbrennstoff zu beginnen und mehr Energie zu erzeugen, als zum Aufheizen des Plasmasbenötigt wird. Das wäre ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen Energieerzeugung.
Verbesserung der Fusionsforschung durch KI und internationale Zusammenarbeit
- KI-Integration in der Fusionsforschung: KI-Technologien werden eingesetzt, um die Effizienz von Fusionsanlagen zu steigern, d. h. die Energieausbeute zu erhöhen und die Abfallmenge zu verringern. KI hilft auch bei der präzisen Modellierung und bei sichereren Entsorgungsmethoden für nukleare Abfälle und trägt so zur allgemeinen Sicherheit und Effizienz von Fusionsreaktoren bei.
- Globale Partnerschaften zur Förderung der Kernfusion: Die internationale Zusammenarbeit ist für den Austausch von Daten, Fachwissen und bewährten Verfahren im Bereich der Kernfusion unerlässlich. Die kürzlich gestartete Finanzierungsinitiative des US-Energieministeriums unterstützt ein Projekt zur Beschleunigung der Entwicklung von Fusionsenergie mit dem Ziel, bis 2050 Kohlenstoffneutralität zu erreichen Dieses Projekt umfasst auch die Schaffung einer ganzheitlichen Fusionsdatenplattform, die den FAIR-Grundsätzen und den UNESCO-Empfehlungen für offene Wissenschaft entspricht, um die Einbeziehung und Transparenz der Fusionswissenschaft zu verbessern.
Die Zukunft der Kernfusion
Auch wenn die Kernfusion wahrscheinlich frühestens in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts als nachhaltige Energielösung verfügbar sein wird, versprechen sich viele von der Fusion eine wichtige CO2-arme Energiequelle für die Deckung des zukünftigen Energiebedarfs. Da der Klimawandel aber leider nicht auf die Fusionsforschung wartet, sollten wir weiterhin auf erneuerbare Energiequellen und nachhaltige Technologien setzen, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen.
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