Vor fast 200 Jahren wurde die weltweit erste dampfbetriebene Überlandbahn für den Personen- und Güterverkehr eröffnet, die Manchester und Liverpool miteinander verband. Seitdem hat sich die Bahntechnik um einiges weiterentwickelt. Innovationen wie automatische Signalanlagen, elektrifizierte Züge, automatische Halbschranken und Warnsysteme, haben die Bahnindustrie zu dem gemacht, was sie heute ist. Heute ist der Zug eines der am häufigsten genutzten Transportmittel und ist oft auch die schnellste Option, um von einer Stadt in die andere zu kommen. Nicht umsonst wurden 2020 auf dem europäischen Schienennetz 378 Milliarden Personenkilometer zurückgelegt.
Warum braucht es dann noch Innovationen in der Bahntechnik?
Auch wenn die Bahn ein beliebtes Transportmittel ist, ziehen viele bei bestimmten Strecken das Auto oder das Flugzeug vor, weil diese schneller sind. Das muss sich ändern, wenn die Emissionen des Verkehrssektors gesenkt werden sollen. Eine Lösung dafür sind schnellere Züge.
Da die EU bis 2050 klimaneutral sein möchte, muss der Treibhausgasausstoss vor allem im Verkehrssektor verringert werden. Die Bahn spielt dabei eine wichtige Rolle, zum Beispiel in Form der Elektrifizierung. Denn ein elektrischer Bahnbetrieb hat weniger Emissionen als der herkömmliche. Aber auch was die Sicherheit betrifft, gab es im Bahnbetrieb einige Innovationen, die das Risiko menschlichen Versagens durch die Einführung automatischer Prozesse verringern. Im Folgenden, stellen wir Ihnen die besten sechs Innovationen in der Bahntechnik vor.
Innovationen am Zug
Hochgeschwindigkeitszüge
Hochgeschwindigkeitszüge verbinden Grossstädte miteinander und bieten eine schnelle Möglichkeit von A nach B zu kommen. Einige Hochgeschwindigkeitszüge wie der japanische Shinkansen, auch Bullet Train genannt, und der französische TGV, fahren im Regelbetrieb mit bis zu 320 Stundenkilometern. Mit solchen Geschwindigkeiten machen diese Züge dem Flugverkehr Konkurrenz, wobei sie laut dem Internationalen Eisenbahnverband (UIC) rund achtmal energieeffizienter sind.
Hochgeschwindigkeitszüge sind derzeit nur in 16 Ländern der Welt in Betrieb. In den meisten Ländern gibt es eigene Gleise und Strecken für Hochgeschwindigkeitszüge, die jedoch auch auf konventionellen Gleisen mit niedrigeren Geschwindigkeiten fahren können. Elektrische Züge haben oft zwei synchronisierte Motoren auf jeder Seite und entnehmen den Strom über einen Stromabnehmer aus der Oberleitung.
Magnetschwebebahnen, auch Maglev, von englisch magnetic levitation, sind Züge, die nicht auf Räder angewiesen sind, sondern auf elektromagnetische Kräfte. Daher rollen sie auch nicht, sondern schweben etwa 10 cm über dem Boden. Die für Magnetschwebebahnen verwendeten Magnete sind supraleitend, d. h., wenn sie auf -267°C abgekühlt sind, können sie Magnetfelder erzeugen, die zehnmal stärker sind als die normaler Elektromagnete, wodurch sie den Zug anheben und vorwärts treiben können. Dadurch dass es bei diesen Zügen keine Reibung gibt, können sie mit unglaublichen Geschwindigkeiten fahren. Die höchste Geschwindigkeit, die eine Magnetschwebebahn bisher erreicht hat, beträgt 603 km/h.
Aber es sind nicht nur die hohen Geschwindigkeiten, die Magnetschwebebahnen so attraktiv machen, sondern auch ihre Umweltfreundlichkeit. Da Maglev-Züge vollelektrisch sind, haben sie einen sehr geringen CO2-Fussabruck, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden. Ausserdem benötigen sie in der Regel weniger Energie, um die Geschwindigkeit aufrechtzuerhalten, da es keine Reibung gibt. Des Weiteren nutzt das regenerative Bremssystem Energie wieder, die bei herkömmlichen Zügen verloren ginge. Ein weiterer Vorteil ist die geringe Wartung, denn durch den fehlenden Kontakt werden viele Verschleissteile eingespart.
Mehr über die Magnetschwebebahn können Sie hier lesen.
Hyperloop: Die Zukunft der Bahntechnik?
Das Konzept der Hyperloop-Technologie wurde erstmals im 18. Jahrhundert vom britischen Erfinder George Medhurst vorgestellt. Seitdem haben Ingenieure und Forscher jahrelang an ähnlichen Konzepten geforscht, und 2013 griff der Milliardär Elon Musk die Idee für sein Hyperloop-Alpha-Projekt selbst auf. Im Jahr 2021 hatte der globale Hyperloop-Markt einen Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar und soll bis 2026 einen Wert von 6,6 Milliarden US-Dollar erreichen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 40,4 %.
Was ist die Hyperloop-Technologie?
Hyperloop ermöglicht Hochgeschwindigkeitstransporte durch den Einsatz von Niederdruckröhren für den Transport von Gondeln. Die Gondeln bewegen sich durch ein Vakuum, das den Luftwiderstand nahezu ausschaltet und so unglaubliche Geschwindigkeiten von bis zu 1.100 km/h ermöglicht. Die Gondeln werden mit der bereits erwähnten Magnetschwebetechnologie transportiert, so dass die Passagiere trotz der hohen Geschwindigkeit eine komfortable und ruhige Reise geniessen können. Darüber hinaus ist der Hyperloop mit seinem vollelektrischen und energieeffizienten Betrieb ein nachhaltiges Verkehrsmittel, das bei den Plänen der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden, eine Schlüsselrolle spielen könnte.
Zurzeit testen und entwickeln viele Unternehmen aktiv die Hyperloop-Technologie. Das TUM Hyperloop Programm der Technischen Universität München ist Europas erste Hyperloop-Teststrecke in Realgrösse. Allerdings sind wir noch mindestens 7-8 Jahre davon entfernt, dass der Hyperloop einsatzbereit ist.
Andere Innovationen in der Bahntechnik
Automatic Train Operation (ATO)
Mit Automatic Train Operation (ATO) werden automatisierte Fahrzeugsysteme bezeichnet, bei denen die Zugsteuerung ganz oder teilweise vom Fahrtrechner übernommen wird. Die Systeme nutzen eine Kombination aus Sensoren, Computern und Kommunikationsplattformen, um die Geschwindigkeit, die Beschleunigung und das Bremsen der Züge zu steuern. ATOs tragen zu einem sichereren Eisenbahnnetz bei, indem sie das Risiko menschlichen Versagens minimieren, da sie durch die präzise Steuerung der Zuggeschwindigkeit einen sicheren Abstand zu anderen Zügen einhalten und Zusammenstösse verhindern können. Des Weiteren sorgen sie dafür, dass die Züge pünktlicher fahren, was den Betrieb stabilisiert. Das führt zu einer höheren Kapazität, einer besseren Betriebsqualität und damit auch zu einer höheren Effizienz des Bahnsystems. Durch optimiertes Beschleunigen und Bremsen wird zudem auch der Energiebedarf und der Verschleiss verringert, was letztendlich auch die Instandhaltungskosten reduziert.
AR und VR
Mithilfe von Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) können immersive und effektive Schulungslösungen für das Bahnpersonal angeboten werden. So können Bahnmitarbeitende neue Fahrzeuge und Arbeitsabläufe bereits kennen lernen, bevor sie einen neuen Zug überhaupt betreten haben. Aber auch bei der Gestaltung und Planung neuer Schienennetze, Gleise und Infrastrukturen oder bei Änderungen an bestehenden Schienennetzen können AR und VR eingesetzt werden, um Entwürfe besser visualisieren und bewerten zu können. Durch den Einsatz digitaler Modelle zur Präsentation von Ideen erhalten Interessengruppen oder Investoren ein besseres Bild davon, wie das Endprodukt aussehen wird.
Positive Zugsteuerung (PTC)
PTC ist ein fortschrittliches Sicherheitssystem, das auf den Prinzipien der Automatisierung beruht. Durch die Echtzeit-Überwachung von Zügen mit GPS-Technologie sollen PTC-Systeme die Sicherheit erhöhen, indem sie automatisch eingreifen, wenn unsichere Bedingungen, die zu Kollisionen führen könnten, erkannt oder vorhergesagt werden. Da alle Informationen in einer zentralen Leitstelle gesammelt werden, können die PTC-Systeme die Zuggeschwindigkeiten auf der Grundlage von Faktoren, wie Bedingungen, Gleisbögen, Steigungen und mehr, überwachen und steuern. Wenn ein Zug die Geschwindigkeit überschreitet, kann das System automatisch die Bremsen betätigen oder akustische oder visuelle Warnungen an den Triebfahrzeugführer senden.