Lernen Sie die verblüffenden Roboter kennen, die unsere Korallenriffe schützen

Von Robotern, die korallenfressende Seesterne jagen, bis hin zu weichen, fischähnlichen Maschinen, die ferngesteuert über eine Super-Nintendo-Steuerkonsole die Lage überwachen: Wir stellen Ihnen die Roboter vor, die unsere Riffe retten.


Im Zuge des Klimawandels steigen die Temperaturen und führen dazu, dass die Korallenriffe buchstäblich gekocht werden. Da noch weitere Bedrohungen wie Wasserverschmutzung hinzukommen, ist die Lage inzwischen kritisch.

Heute sind bereits fast zwei Drittel der Korallen des australischen Great Barrier Reefs beschädigt – dem größten Riffökosystem der Welt. Auch Riffe in der Karibik und im Nordpazifik sind betroffen, und weitere Riffe, auch in weniger tropischen Regionen, sind akut gefährdet.

Jetzt warten Wissenschaftler jedoch mit einer neuen Lösung auf, die in Umweltschutzprojekten auch bereits unterstützend zum Einsatz kommt: Roboter. Die intelligenten Maschinen können nicht nur für uns in die Tiefen der Meere abtauchen, sondern helfen uns auch, die riesigen Unterwassergebiete effizienter abzudecken.

Der neue Seesternkiller der Queensland University of Technology (QUT)

Das australische Great Barrier Reef kämpft aktuell mit einer verheerenden Plage von Dornenkronenseesternen, die dazu führt, dass Tausende der tödlichen Seesterne die wertvollen Korallen nach und nach auffressen. Normalerweise spielen sie eine wichtige Rolle beim Erhalt der Korallendiversität, aber wenn eine massenhafte Vermehrung der Tiere das fortschreitende Problem der Korallenbleiche verschärft, wird die Bekämpfung der Dornenkronenseesterne zu einer dringenden Aufgabe für den Erhalt des Riffs.

Hier kommt der RangerBot ins Spiel.

Das autonome Unterwasserfahrzeug ist eine durch Google finanzierte Innovation des Robotik-Teams der Queensland University of Technology (QUT) und stellt eine kleinere und kosteneffizientere Version des vom selben Team entwickelten Vorgängermodelles COTSbot dar – dem weltweit ersten Unterwasserroboter zur Bekämpfung dieser maritimen Schädlinge.

Der RangerBot soll den Zustand der Korallenriffe überwachen und, wie schon der COTSbot, die zerstörerischen Seesterne bekämpfen, indem er ihnen einen tödliche Dosis Gallensalze verabreicht – eine Aufgabe die aktuell einen menschlichen Arbeitseinsatz von Hunderten von Stunden erfordert.

Der intelligente maritime Roboter wird aufgrund seiner zahlreichen Funktionen auch als „Schweizer Taschenmesser“ bezeichnet und ist mit innovativer Bildverarbeitungstechnologie und Software des maschinellen Lernens ausgestattet, um seinen Aufgaben gewachsen zu sein.

„Wir haben Modelle der Seesterne generiert, indem wir den Roboter mit Hunderttausenden von Bildern trainiert haben, die an vielen verschiedenen Riffen unter unterschiedlichen Licht- und Sichtbedingungen aufgenommen wurden. Mithilfe dieser Modelle kann der Roboter Seesterne auch an neuen, noch nicht untersuchten Bereichen des Riffs schnell und zuverlässig erkennen.

– Matthew Dunbabin, Forscher im BereichMaschinelles Sehen

Die neueste Version wird aktuell in Queensland vor der Lizard-Island getestet. Künftig soll der RangerBot noch weitere Aufgaben übernehmen und in beschädigten Korallenökosystemen neue Korallen pflanzen.

Der heimliche Korallenfotograf

Ein weicher, agiler Roboterfisch, der mit der Konsole eines Super Nintendos gesteuert wird: Das klingt eher nach einem Videospiel als nach einem ernsthaften Umweltschutzprojekt. Der SoFi (kurz für Soft Fish) hat jedoch eine äußerst wichtige Aufgabe: Er hilft Forschern, gefährdete Riffumgebungen effizienter zu beobachten.

Der SoFi wurde vom Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt und bietet gegenüber anderen maritimen Robotern einen einzigartigen Vorteil. Er gleitet sanft durch Fischschwärme und an Riffen entlang und nimmt dabei durch eine kleine Kamera an der Vorderseite hochauflösende Fotos und Videos auf, ohne die Korallen zu beschädigen oder die Riffbewohner zu stören, die ihn für ihresgleichen halten.

Er ist mit einem Auftriebssensor, einem Gleichstrommotor und einem Kommunikationsempfänger ausgestattet. Die Schwanzflosse enthält eine Reihe von Kammern, die in Intervallen aufgepumpt werden, um eine natürliche Schwimmbewegung nachzuahmen und Bewegungen nach vorn, hinten, oben und unten in verschiedenen Geschwindigkeiten zu ermöglichen.

Mit einer Länge von 47 cm und einem Gewicht von 1,6 kg kann SoFi Tiefen von bis zu 18 m erreichen und ohne Motor bis zu 40 Minuten schwimmen, wobei er von einem Taucher aus einer Entfernung von bis zu 21 m gesteuert wird. Der Nintendo-Controller ist zum Schutz gegen Druck in einem starren geölten Gehäuse untergebracht.

SoFi wurde bereits am Rainbow Reef der Fidschi Inseln sowie in einem Pool am MIT getestet und hat dabei bewiesen, dass er der Aufgabe gewachsen ist.

„Wir sehen SoFi als einen ersten Schritt in der Entwicklung einer Art von Unterwasserobservatorium. Er hat das Potenzial, ein neuer Werkzeugtyp für die Ozeanerforschung zu werden, und könnte ganz neue Möglichkeiten bieten, die Mysterien der Unterwasserwelt zu ergründen.

– Daniela Rus, Leiterin des CSAIL (via MIT News)

Schickt das Roboter-Vermessungsteam runter

2017 hat das Australian Institute of Maritime Science (AIMS) den von der Boeing Tochter Liquid Robotics entwickelten Surfroboter Wave Glider eingesetzt, um das Great Barrier Reef von der Wasseroberfläche aus zu überwachen. Aktuell dringt das AIMS in tiefere Bereiche vor und erschließt neues (Unterwasser-)Terrain.

Der modifizierte Blue ROV2, ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug von Blue Robotics, kann den Riffzustand überwachen, indem er einen Ausgangspunkt festlegt und sich an einer Transekte entlang bewegt – eine typische Vermessungstechnik. Dabei navigiert er semiautomatisch in einer Tiefe von bis zu 100 m.

Er ist mit einer Hyperspektralkamera ausgestattet, die Farbinformationen in mehr als 270 Bändern erfassen kann, weit mehr als das menschliche Auge. Das ermöglicht tiefere Einblicke in die Riffe, mit deren Hilfe detaillierte Karten des Meeresgrundes erstellt und Wassertiefe und Korallenbleiche ermittelt werden können.

Er bietet noch weitere Vorteile, indem er z. B. die Datenerfassung und -verarbeitung beschleunigt und die Erkundung größerer und schwer zugänglicher Bereiche ermöglicht.

Der ROV2 hat seine Fähigkeiten kürzlich bei einer zweiwöchigen Testphase unter Beweis gestellt, die auch nächtliche Missionen umfasste, bei denen er simultan mit einer großen, mit Hyperspektralkamera ausgestatteten Drohne im Einsatz war.

„Die Robotik hilft uns, größere und unbekannte Riffabschnitte in Bereichen zu überwachen, die für Taucher zu gefährlich wären. Die Roboter werden es unseren Meereskundlern bald ermöglichen, sich auf die wichtige Aufgabe zu konzentrieren, den Riffs zu helfen.“

– Melanie Olsen, AIMS Leiterin Technology Transformation

Erkundung von Kaltwasserkorallengebieten

Exotische Riffe in tropischen Gewässern sind nicht die einzigen maritimen Habitate, die bedroht sind. Der Klimawandel gefährdet auch die Tiefsee- und Kaltwasserökosysteme von Korallen. Diese gibt es zwar auf der ganzen Welt, aber die größten dieser Korallenbetten befinden sich im äußersten Norden und Süden des atlantischen Ozeans.

Auch hier sind intelligente Maschinen im Einsatz. In Großbritannien setzt das National Oceanography Centre (NOC) in Zusammenarbeit mit Defra eine Flotte von Roboter-U-Booten ein, um die empfindlichen Kaltwasserkorallen vor der Küste von Cornwall im Südwesten Englands – genannt „The Canyons MCZ“ – zu kartografieren.

Die tiefseetauchenden Unterwasserroboter mit dem Namen Isis ROV können in Tiefen von bis zu 6.500 m abtauchen und werden an einem Stahlkabel von einem Boot aus abgesenkt. Sobald sie den Meeresgrund erreichen, werden Sie per Joystick-Fernbedienung über den dunklen Meeresboden gesteuert und nehmen mithilfe von fünf Kameras, die über leistungsstarke Leuchten verfügen, Bilder der noch nicht kartografierten Tiefseegräben auf. Mit ihren mechanischen Armen können Sie zudem Proben sammeln.

Indem sie den Wissenschaftlern dabei helfen, die Riffe zu überwachen und zu erkunden, spielen sie eine wichtige Rolle beim Schutz der Tiefseekorallen. Insbesondere helfen sie den Wissenschaftlern, beim Standortmanagement fundierte Entscheidungen zu treffen.

„Die Canyons MCZ sind für uns sehr schwer zu vermessen, da sie sich in tiefer See weit vom Festland entfernt befinden und eine komplexe zerklüftete Landschaft aufweisen. Mit der Ausrüstung und dem Expertenwissen vom NOC konnten wir kostengünstig hochwertige Daten über dieses wichtige Gebiet sammeln.“

Dr. Carole Kelly, Marine Evidence Manager, Defra

Der Schutz unserer Korallenriffe ist nach wie vor eine enorme Herausforderung.

Forscher arbeiten noch an vielen anderen Anwendungen zum Schutz der Korallen, von Korallenaufzuchtanlagen über Sonnenschutzvorrichtungen für Riffe bis hin zur Wolkenmanipulation und dem 3D-Druck von Korallen. Dass sie bei Überwachung und Schutz der empfindlichen Unterwassersysteme zusätzlich von intelligenten Maschinen unterstützt werden, dürfte die Erfolgsaussichten erheblich verbessern.

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