Europa verfügt über einen bemerkenswerten Pool an Wissenschaftlern und Institutionen, die neue Entwicklungen im Bereich KI und Robotik vorantreiben. Im ersten Teil unserer fünfteiligen Serie stellen wir Ihnen einige von ihnen kurz vor.
Die europäische Forschungslandschaft im Bereich KI und Robotik ist stark auf Kooperation ausgerichtet. Anfang des Jahres haben 25 EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Erklärung über die Kooperation im Bereich KI unterzeichnet, um die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents bei Forschung und Entwicklung sicherzustellen.
Die Europäische Kommission hat außerdem dazu aufgefordert, bis Ende 2020 20 Milliarden Euro in künstliche Intelligenz zu investieren, damit Forscher die nächste Generation von KI-Technologien und -Anwendungen entwickeln können und um sicherzustellen, dass Europa mit den USA und China mithalten kann, wo die meisten führenden KI-Unternehmen ihren Sitz haben.
Die Qualität der Forschungseinrichtungen des Kontinents ist dabei entscheidend für den Erfolg der europäischen KI- und Robotik-Technologie. Wir werden hier einige der Universitäten und ihre neuesten bahnbrechenden Projekte kurz vorstellen.
Lesen Sie den Rest der Serie hier:
- Asiens innovativste Universitäten in den Bereichen Robotik und KI
- Amerikas innovativste Universitäten in den Bereichen Robotik und KI
1. Universität Cambridge, UK
Cambridge ist eines der größten Technologiezentren in Europa. Startups, die mit der Universität zusammenarbeiten, verzeichnen ein beeindruckendes Wachstum, was daran liegen könnte, dass die Universität unternehmerisches Denken und Handeln stark fördert.
Wichtiges aktuelles Projekt
Ein Wissenschaftlerteam des Department of Computer Science and Technology hat einen Roboter entwickelt, der menschliche Emotionen nachahmen kann. Der Roboter mit dem Namen Charles repliziert realistische Gesichtsausdrücke und Gesten auf der Basis von Daten zu natürlichen Affekten.
Jüngste Erfolge
Der schnellste universitäre Supercomputer der UK steht an der Universität Cambridge und kann künftig im Rahmen des KI-Förderprogramms der britischen Regierung („AI Sector Deal“) von KI-Unternehmen genutzt werden. Er ist Teil einer durch Investitionen in Höhe von 10 Millionen GBP gestützten Kooperation zwischen der Universität, dem Engineering and Physical Sciences Research Council und dem Science and Technology Facilities Council.
„KI-Projekte mit Wissenschaftlern der Universität Cambridge laufen bereits. Im Bereich der Lebenswissenschaften arbeiten wir an der medizinischen Bildgebungsanalyse und Genomik und im Bereich Astronomie setzen wir KI im Rahmen des „Square Kilometre Array“-(SKA)-Projekts und zur Kartographierung von Exoplaneten ein.“
—Dr. Paul Calleja, Leiter High Performance Computing, Universität Cambridge
2. ETH Zürich, Schweiz
Die ETH Zürich ist eine renommierte MINT-Universität. Ihr Institut für Robotik und Intelligente Systeme (IRIS) umfasst acht unabhängige Labore mit Forschungsschwerpunkten in Bereichen wie der Entwicklung von Nanogeräten für die Biomedizin oder autonomen Luftfahrzeugen.
Wichtige aktuelle Projekt
Wissenschaftler der ETH Zürich und der Universität Bologna haben DroNet entwickelt, das in einem Artikel als leichte „Residual Convolutional Neural Network“-(CNN)-Architektur beschrieben wird. Mit seiner Hilfe können Ingenieure die begrenzte Strom- und Speicherkapazität einer Drohne maximieren.
Jüngste Erfolge
Die ETH Zürich kann auf eine lange Geschichte als eine der weltweit renommiertesten Universitäten für Naturwissenschaften und Technologie zurückblicken. Sie hat bis heute 20 Nobelpreisträger hervorgebracht, darunter Albert Einstein.
Sie hat gerade ihre bisher höchste Platzierung im QS-Hochschulrankig (Quacquarelli Symonds) erzielt und befindet sich damit zusammen mit Institutionen wie dem MIT und der Universität Oxford unter den besten 1 %.
„Die Platzierung spiegelt die enorme Teamleistung der gesamten ETH-Gemeinschaft wieder. Eine Gemeinschaft, die ihre Spitzenkräfte dafür einsetzt, Lehre und Forschung in hervorragender Qualität zu gewährleisten, und diese durch hochmotiviertes administratives und technisches Personal unterstützt. Da die ETH eine staatliche Universität ist, spiegelt ein solches Ergebnis auch die Unterstützung und das Engagement der Schweizer Gesellschaft wieder.
—Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH
3. Technische Universität Berlin, Deutschland
Die TU Berlin ist eine international angesehene Forschungsuniversität.
Wichtige aktuelle Projekt
Ein Chat-Bot mit dem Namen Alex hilft den Studenten der TU Berlin bei der Studienplanung. Alex wurde vom Doktoranden Thilo Michael im Zuge seiner Masterarbeit entwickelt und hilft Studenten, die gewünschten Informationen wesentlich schneller zu finden als mit herkömmlichen Systemen. Im Gegensatz zu einer Schlagwortsuche analysiert er Sätze, um den Kontext und die Bedeutung zu ermitteln.
Jüngste Erfolge
Das Robotics and Biology Laboratory der Universität hat in Zusammenarbeit mit einigen anderen führenden Institutionen und Unternehmen eine Roboterhand für fortschrittliche Manipulation entwickelt. Das SoMa-Projekt (Soft Manipulation) wurde in Warenlagern von Ocado getestet und ist richtungsweisend bei der Entwicklung von Robotertechnologie für die Handhabung empfindlicher und komplexer Objekte.
„Meine Forschung gilt den algorithmischen Grundlagen, die erforderlich sind, damit Roboter komplexe Aufgaben in dynamischen und unstrukturierten Umgebungen autonom ausführen können. Außerhalb des Felds der Robotik wende ich diese algorithmischen Grundlagen zudem auf Probleme in der strukturellen Molekularbiologie an, wie der Vorhersage von Proteinstrukturen, Proteinfaltung und Proteindocking.
—Professor Dr. Oliver Brock, Leiter des Robotics and Biology Laboratory, TU Berlin
4. Universität Amsterdam, Niederlande
Die Universität bietet renommierte Studiengänge im Bereich künstlicher Intelligenz und bringt den öffentlichen und den privaten Sektor des Landes zusammen, um die Entwicklung im Bereich KI und Robotik voranzutreiben.
Wichtiges aktuelles Projekt
Wissenschaftler der Universität Amsterdam haben eine Variation von Convolution Neural Networks (CNN) erschlossen, die als sphärische CNNs bekannt sind. Mit diesen CNNs könne Maschinen Objekt in 3D „sehen“. Die Technik befindet sich noch im Anfangsstadium, hat aber das Potenzial, die Objekterkennung bei IoT-Anwendungen, autonomen Fahrzeugen, Augmented Reality und Virtual Reality zu verbessern.
Jüngste Erfolge
Im April dieses Jahres wurde das Innovation Center for Artificial Intelligence (ICAI) eröffnet. Es handelt sich um eine von der Universität Amsterdam und der VU Amsterdam geleitete offene Initiative mit dem Ziel, die wirtschaftlichen und staatlichen Kräfte des Landes für die Weiterentwicklung der KI-Technologie zu bündeln.
„Die Niederlande verfügen über alle Ressourcen, um in der internationalen KI-Landschaft eine herausragende Position einzunehmen – Spitzenkräfte, Innovationskraft und Forschung auf Weltklasseniveau. Das ICAI vereint diese Stärken in einer einzigartigen nationalen Initiative.”
—Maarten de Rijke, Leiter des ICAI und Professor für Information Retrieval, Universität Amsterdam
5. Italian Institute of Technology, Italien
Das Italian Institute of Technology ist ein führendes wissenschaftliches Forschungszentrum mit Standort in Genua.
Wichtiges aktuelles Projekt
Die Universität ist am besten für ihr iCub-Projekt bekannt, ein Roboterkind, das im Jahr 2004 entwickelt wurde und in der humanoiden Roboterentwicklung noch immer den weltweiten Referenzstandard darstellt. Aktuell arbeiten die italienischen Wissenschaftler an einem Steuersystem, mit dem der iCub-Humanoid sogar fliegen lernen soll. Der Roboter soll mithilfe von vier Schubdüsen fliegen und dadurch noch effizienter und flexibler werden.
Jüngste Erfolge
Seit 2006 kann das Italian Institute of Technology ca. 10.745 Publikationen in internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften verzeichnen, hat mehr als 200 Erfindungen hervorgebracht und über 600 Patentanmeldungen eingereicht.
„Hochentwickelte Roboter werden nicht nur in Fabriken und in der Fertigung arbeiten. Sie werden die Werkstätte verlassen und uns in unserem Alltag unterstützen.”
—Italian Institute of Technology
Von fliegenden Robotern bis hin zu praktischen Chat-Bots – die technologische Zukunft Europas sieht vielversprechend aus. Die aufgeführten Projekte stellen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt dar. Im Zuge weiterer Kooperationen und größerer Investitionen liegen vermutlich noch völlig ungeahnte technologische Möglichkeiten vor uns.