Aktuelles zum Thema Quantencomputer

Die Quanteninformatik ist seit vielen Jahren ein Thema, wenngleich eher theoretischer Natur. Mittlerweile ist das Konzept so weit fortgeschritten, dass eine praktische Umsetzung bevorstehen könnte. Wenn das gelĂ€nge, dann könnten rechen- und speicherintensive Anwendungen in der Medizin, der Kryptographie oder Statistik wesentlich beschleunigt werden. GegenwĂ€rtig wetteifern IBM, Google und Microsoft im Rennen um den Bau des ersten realen Quantencomputers. Wenn es gelĂ€nge, einen solchen zu bauen, dann wĂŒrde er – sofern die theoretischen Vorhersagen eintreffen – die LeistungsfĂ€higkeit jedes Supercomputers erheblich ĂŒbertreffen. Auch China investiert Milliarden in die Forschung. Aber was ist Quanten-Computing? Wird der schnöde PC kĂŒnftig ein Quantencomputer sein? Wie funktioniert es eigentlich?

Was ist ein Quantencomputer?

Ein Quantencomputer ist wie jeder andere Computer, der komplexe Berechnungen durchfĂŒhrt; er verwendet jedoch quantenmechanische Prinzipien, um diese Berechnungen bei sehr hohen Geschwindigkeiten durchzufĂŒhren. Ein traditioneller Computer verwendet Bits, die nur 2 ZustĂ€nde kennen: 0 oder 1. Erst bei Zusammenfassung zu Registern wird eine hinreichend aussagefĂ€hige Datenmenge daraus.

Technologische DurchbrĂŒche bringen wilde Mutmaßungen mit sich

Der technologische Fortschritt bringt Prognosen, Ideen und Gedanken ĂŒber die mittel- bis langfristige Zukunft mit sich. Diese Dynamik war in unserer Gesellschaft schon vielfach zu beobachten. Als die Computer in den 1980er Jahren in die BĂŒros kamen, wurde prognostiziert, dass zahlreiche Jobs verschwinden und Papier bald ĂŒberflĂŒssig werden wĂŒrde. Bis weit in das 21. Jahrhundert hinein sind die Menschen weiterhin gezwungen zu arbeiten, und die Schreibtische bleiben mit Papierdokumenten ĂŒbersĂ€t.

Vorhersagen heben hĂ€ufig ein positives oder negatives Extrem hervor. Ja, Computer haben einige Rollen ĂŒberflĂŒssig gemacht, aber dafĂŒr sind ganz neue Rollen in den Bereichen IT und Software entstanden. Der Papierverbrauch hat sich zwar deutlich reduziert, doch Papierkörbe sind noch lange nicht aus unseren BĂŒros wegzudenken.

Etwas pragmatischer betrachtet: Welche Aufgaben werden Roboter also wirklich ĂŒbernehmen?
 

Durch die menschenÀhnlichen FÀhigkeiten von Robotern sind unsere ArbeitsplÀtze zunehmend bedroht

Bis heute ĂŒbernehmen die meisten Roboter monotone Aufgaben. Sie wurden programmiert, um bestimmte Funktionen auszufĂŒhren, zum Beispiel das Kommissionieren und Platzieren von Komponenten oder das Lackieren der Karosserie eines Autos. Solche Aufgaben belasten Menschen entweder durch ErmĂŒdung, schlechte Haltung wĂ€hrend der Arbeit oder potenzielle SchĂ€digung der Atemwege. Roboter können diese Aufgaben unterbrechungsfrei und Ă€ußerst prĂ€zise ausfĂŒhren, was zu einer höheren ProduktivitĂ€t und verbesserten ProduktqualitĂ€t fĂŒhrt.

Dank optimierter Wahrnehmung – zum Beispiel durch Kraft-Moment-Sensoren – können Roboter inzwischen Aufgaben bewĂ€ltigen, die „FingerspitzengefĂŒhl“ erfordern. So sind Roboter beispielsweise in der Lage, das Schleifen und Polieren von ungleichmĂ€ĂŸigen Objekten zu ĂŒbernehmen – eine Aufgabe, die bisher ein erfahrener Bediener ĂŒbernommen hat. In solchen Situationen gibt es definitiv Anlass zur Sorge, dass eine menschliche Arbeitskraft ersetzt wird.

Interferenz – Durch die Verwendung einer Quanteneigenschaft wie der Interferenz können die QuantenzustĂ€nde kontrolliert werden, indem jene Signale verstĂ€rkt werden, die mehr in Richtung der richtigen Antwort tendieren. Oder jene Signalen werden gelöscht, die in Richtung der falschen Antwort tendieren. Dies funktioniert Ă€hnlich wie die RauschunterdrĂŒckung bei einem Kopfhörer, der die WellenlĂ€ngen der Umgebungswellen liest und dann die entgegengesetzte Welle erzeugt, um sie durch Interferenz auszulöschen. Wie wir wissen, kann man konstruktive Interferenz und dekonstruktive Interferenz erzeugen. Konstruktive Interferenz verstĂ€rkt die WellenlĂ€nge, so dass das Signal grĂ¶ĂŸer wird, und bei dekonstruktiver Interferenz wird die Amplitude schwĂ€cher. In der Quanteninformatik funktioniert dies genauso und erlaubt es, die ZustĂ€nde zu kontrollieren.

Die Kombination aller drei dieser Elemente macht einen Quantencomputer aus, der komplexe Berechnungen und extrem hohe Geschwindigkeiten ausfĂŒhren kann.

Was sind die Herausforderungen des Quantencomputings?

Die Quanteninformatik steckt noch in den Kinderschuhen, aber es wird eine Menge großartiger Forschung betrieben, um sie zur Praxisreife zu fĂŒhren. Einer der grĂ¶ĂŸten Mythen, der sich um das Quantencomputing dreht, ist, dass das HinzufĂŒgen von mehr Qubits einfach seine KapazitĂ€t erhöhen wird. Das ist zwar richtig, aber es ist auch eine der grĂ¶ĂŸten Herausforderungen im Quantencomputing, da es nicht nur so einfach ist. Quantencomputer sind mit ihren hochprĂ€zisen Mikrowellen und der Arbeitstemperatur im Minusbereich außerordentlich komplexe Maschinen, die extrem empfindlich auf elektrische Strahlung oder UmwelteinflĂŒsse reagieren.

Eine weitere technische Herausforderung stellt die kurze Speicherdauer dar. Die Quanteninformation im Elementarteilchen ist recht flĂŒchtig. Also muss stĂ€ndig neu berechnet werden, andernfalls fĂ€llt der ganze Prozess in sich zusammen.

Was sind die nÀchsten Schritte?

Wie geht es weiter mit dem Quantenrechner? Die derzeitigen Akteure mĂŒssen mit dem Aufbau abstrakter Schichten beginnen, um es Programmierern und Wissenschaftlern zu erleichtern, einfach hereinzukommen und mit dem Lernen, Forschen und Finden neuer Anwendungsbereiche fĂŒr das Quantencomputing zu beginnen. Dies wird auch die Entwicklung neuer Quantenalgorithmen erfordern, an denen Forschungspartner arbeiten. Der Fortschritt wird auch mit dem exponentiellen Wachstum der Hardware und der Quantenprozessoren einhergehen und weitere Qubits hinzufĂŒgen.

Wer nutzt diese Technologie?

Quantencomputing hat das Potenzial, die kĂŒnstliche Intelligenz und Industry 4.0 rasch zu beschleunigen. Google nutzt sie bereits zur Verbesserung selbstfahrender Autos sowie zur Modellierung komplexer chemischer Reaktionen. 

Hier finden Sie eine umfassende Liste potentieller Anwendungen des Quantencomputings: 
Cyber-Sicherheit

  • Arzneimittelforschung
  • Finanzmathemathik
  • Batterie-Entwicklung
  • DĂŒngewesen
  • Verkehrsflusssteuerung
  • Wettervorhersage und Klimawandel
  • KĂŒnstliche Intelligenz
  • Solartechnologie
  • Elektronik


Daimler AG – Im Jahr 2018 kĂŒndigte die Daimler AG Partnerschaften mit Google und IBM zwecks Entwicklung bzw. Optimierung von Batteriezellen fĂŒr die E-MobilitĂ€t an. Quantencomputing kann helfen, die komplexen Prozesse der Zellsimulation und der Alterung von Batteriezellen zu simulieren. Verbesserte Batterien fĂŒr Elektrofahrzeuge senken deren Kosten und verbessern die Ökobilanz des Gesamtsystems Elektroauto.

Daimler untersucht auch, wie das Quantencomputing die KI unterstĂŒtzen kann, die Nutzung autonomer Fahrzeuge ermöglichen kann und  logistische Prozesse verfeinern und beschleunigen könnte. Damit tritt Daimler in die Fußstapfen von Volkswagen. Im Jahr 2017 kĂŒndigte VW eine Partnerschaft mit Google an, die sich auf Ă€hnliche Initiativen konzentriert. Im Jahr 2018 schloss es sich auch mit D-Wave Systems zusammen. 

Volkswagen – D-Wave und VW haben bereits Pilotprogramme im Verkehrsbereich durchgefĂŒhrt. Etwa die Verbesserung der Verkehrslenkung in Peking, Barcelona und, gerade kĂŒrzlich, in Lissabon. In der portugiesischen Hauptstadt fuhr eine Busflotte auf verschiedenen Routen, die mit Hilfe eines Quantenalgorithmus, den VW nach jedem Testlauf weiter optimiert, auf Echtzeit-Verkehrsbedingungen zugeschnitten wurden. Laut Vern Brownell, CEO von D-Wave, bringt uns das Pilotprojekt des Unternehmens „der Realisierung echter, praktischer Quantencomputer nĂ€her als je zuvor“.

JP Morgan Chase – Es ist keine Überraschung, dass einer der grĂ¶ĂŸten Finanzdienstleister an Quantencomputing interessiert ist. Schließlich ist der Finanzmarkt Ă€hnlich wie die Quantenmechanik von unberechenbarer UnschĂ€rfe geprĂ€gt. JP Morgan ist einer der Partner des Quantennetzwerks von Microsoft, zu dem Forschungsinstitute, Technologieunternehmen und Akteure aus der Wirtschaft gehören. Quantencomputing und Finanzmodellierung weisen viele strukturelle Ähnlichkeiten auf. Nun wurde das Monte-Carlo-Modell erforscht, das die Wahrscheinlichkeit verschiedener Ergebnisse misst und ihre Risiken bewertet.

Welche aktuellen Innovationen in der Quanteninformatik sind beachtenswert?

Die meisten der bisherigen Erfolge im Quantencomputing wurden in kontrollierten Settings erlangt. Quantenrechner hatten Probleme zu bearbeiten, deren Lösung bekannt war. Google behauptete vor kurzem, bereits die Quantenherrschaft erreicht zu haben, d.h. dort, wo ein Quantencomputer einen traditionellen Computer ĂŒbertrifft. Google behauptete, dass sein 54-Qubit-Prozessor in der Lage war, eine Berechnung in 200 Sekunden durchzufĂŒhren, fĂŒr die ein herkömmlicher Computer normalerweise 10.000 Jahre gebraucht hĂ€tte. IBM kritisierte diese Behauptung heftigst: denn die Berechnung auf einem Supercomputer hĂ€tte nur 2,5 Tage gedauert, so IBM.

Die Forscher haben auch an der Entwicklung von Algorithmen wie Shor- oder Grover-Algorithmen gearbeitet, die von Quantencomputern verwendet werden sollen. Doch die Hauptarbeit steckt noch an den GerĂ€ten selbst. Es wird nun erwartet, dass die Innovation fortschreitet und exponentiell mit dem Rechenwert und den Hardware-Verbesserungen zunimmt, die alle 4 Jahre auf der Grundlage des QuantenĂ€quivalents zum Mooreschen Gesetz wachsen sollen. Das Ziel wĂ€re, die Rechenleistung zu haben, um die gewĂŒnschten Quantenalgorithmen auszufĂŒhren. Anschliessend wird der Schwerpunkt auf der Quantenfehlerkorrektur liegen.

Ein Quantencomputer ist fĂŒr Anwendungen gedacht, bei denen eine extrem grosse Zahl komplexer Berechnungen in kĂŒrzester Zeit durchgefĂŒhrt werden muss. Hingegen ist ein Quantencomputer kein Ersatz fĂŒr den herkömmlichen PC und wird es auch nie sein. FĂŒr ĂŒbliche BĂŒro-, Grafik-, Videoanwendungen und selbst fĂŒr normale Server reichen Halbleiterrechner aus. Letztere kommen auch ohne eine teure KĂŒhlung auf Minusgrade aus. Gleichwohl gibt es kleine Randsegmente, wo diese Rechenleistung sinnvoll eingesetzt werden kann. Die Zukunft wird spannend, und man wird mit Interesse beobachten, ob sich das Quantencomputing tatsĂ€chlich durchsetzt..

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