Mit KI in die Zukunft segeln

Avatar-Foto

In den letzten zwei Jahrzehnten hat der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) viele Branchen verändert. Auch in der Schifffahrt bietet die KI viele Vorteile. 

Viele Schifffahrtsunternehmen setzen auf KI um wettbewerbsfähig zu bleiben. Laut einem gemeinsamen Bericht von Lloyd’s Register und dem Beratungsunternehmen für maritime Innovation, Thetius, werden die Märkte für KI-gesteuerte Systeme und autonome Schiffe bis 2028 einen Gesamtwert von 5,01 Milliarden US-Dollar haben. Neben den finanziellen Gründen, gibt es auch umwelttechnische Gründe für den Einsatz von KI in der Schifffahrt.  


90 Prozent aller Güter werden über den Seeweg transportiert. Dabei werden 3 % der weltweiten Treibhausgasemissionen (THG) erzeugt. Angesichts der wachsenden Besorgnis über die Auswirkungen des Klimawandels wächst der Druck auf den Sektor, seinen CO2-Fussabdruck zu verringern. Die Weltschifffahrtsorganisation IMO der Vereinten Nationen plant bis 2030 die Kohlenstoffemissionen um 40 % gegenüber dem Stand von 2008 zu senken und bis 2050 die gesamten Emissionen der Industrie mindestens zu halbieren.

Diese Emissionseinsparungen können zum Beispiel durch Machine-Learning-Algorithmen, die die energieeffizientesten Routen und die effizienteste Ressourcennutzung empfehlen erreicht werden. Auch eine automatisierte Containerkonfiguration zur Verbesserung des Platzmanagements kann zu den Zielen beitragen. In diesem Beitrag sehen wir uns an, welche Vorteile der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Schifffahrt hat und welche Aspekte es dabei zu berücksichtigen gilt. 

Die Vorteile von KI in der maritimen Wirtschaft

Wir haben bereits einige Vorteile angesprochen, im Folgenden gehen wir etwas genauer auf die Vorteile ein, die KI der maritimen Wirtschaft bietet.

Mehr Sicherheit 

Egal wie qualifiziert und in welchem Beruf, Menschen machen Fehler. Diese können oft gravierende Folgen haben. Durch das Automatisieren von Prozessen wie Positionierung, Planung und Berechnung mit KI-Datenverfolgungssoftware wird das Risiko von menschlichen Fehlern verringert. 

Geringere Kosten 

KI-Datenverfolgung und -analysen helfen dabei, teure Aktivitäten und schlechte Ressourcennutzung zu erkennen. Durch die Analyse des Kraftstoffverbrauchs können Ressourcen effizienter genutzt werden. Mithilfe von KI, können Reedereien die Route auswählen, die am wenigsten Kraftstoff verbraucht und deshalb auch am kostengünstigsten ist. Neben der Routenplanung können auch mit einer besseren Wartung Kraftstoff und damit auch Kosten gespart werden. Die KI stellt anhand von aktuellen und alten Daten Prognosen auf, sodass auch noch während der Fahrt Anpassungen vorgenommen werden können.

Mehr Nachhaltigkeit

Wie für viele Branchen auch, spielt die Nachhaltigkeit auch bei der maritimen Wirtschaft eine grosse Rolle. Durch die KI-gestützte Kraftstoffanalyse, wissen Reeedereien genau wie viel Kraftstoff sie verbrauchen und wie sie ihn effizienter nutzen können. Auch die CO2-Einsparungen werden analysiert, so dass die Reedereien einen Überblick über die eingesparten Emission haben und Massnahmen ergreifen können, um mehr CO2 einzusparen.

Verbessert die Effizienz

KI und maschinelles Lernen automatisieren die Navigation, vereinfachen Routen und ermöglichen den Zugang zu Häfen. Durch den Einsatz automatisierter Funktionen können Teams computergestützte Aufgaben wie die Datenerfassung und Navigation abgeben und so ihre Zeit für andere wichtige Aufgaben nutzen, die ihre Aufmerksamkeit erfordern. Dank der Datenerfassung in Echtzeit können die Besatzungsmitglieder schnell auf sich ändernde Umstände reagieren.

Bessere Sicherheitsvorkehrungen

Die KI stellt auch Wetterprognosen auf, so dass bei schlechtem Wetter nötige Änderungen vorgenommen werden können. Kollisionsvermeidungssysteme sind ein weiteres Merkmal, das die Arbeitsumgebung für die Besatzung sicherer macht. 

Autonome Schiffe − die Zukunft der maritimen Wirtschaft? 

Die norwegischen Unternehmen Yara und Kongsberg haben gemeinsam die Yara Birkeland, das erste vollautonome und vollelektrische Containerschiff der Welt, entwickelt. Die Yara Birkeland startete 2022 ihren zweijährigen Testbetrieb. Während des Probebetriebs wird das Schiff langsam auf einen vollautomatisierten Betrieb umgestellt, sodass nach Ablauf der Probezeit ein Computer das Ruder übernehmen und selbständig die Häfen ansteuern kann. Das Containerschiff verfügt über eine 7-MWH-Batterie, die die 1.000-fache Kapazität einer typischen Elektroauto-Batterie hat. Die Yara Birkeland kann 120 Container bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 Knoten transportieren, wobei die grössten derzeit in Betrieb befindlichen Frachtschiffe 24.000 Container transportieren und doppelt so schnell fahren können. 

Das Containerschiff wird eingesetzt, um Mineraldünger von der Yara-Produktionsanlage in Porsgrunn zum Auslieferungsterminal in Brevik zu transportieren. Dadurch sollen jährlich 40 000 dieselbetriebene Lkw-Fahrten eingespart werden, was nicht nur weniger Emissionen bedeutet, sondern auch weniger Lärm. 

Die Yara Birkenand soll beweisen, dass autonome, elektrische Frachtschiffe eine praktikable Lösung für kurze Distanzen sind. Da das umweltfreundliche Containerschiff auf gutem Weg ist die Betriebskosten des Düngemittelherstellers Yara um 90 % zu senken, werden andere Unternehmen diesem Beispiel sicherlich bald folgen. 

Es könnte jedoch noch Jahrzehnte dauern, bis wir völlig autonome Frachtschiffe sehen, die Waren rund um die Welt transportieren. Dies liegt zum einen daran, dass die Technologie noch weiterentwickelt und getestet werden muss, und zum anderen an den rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, denen internationale Häfen derzeit unterliegen. 

Wie rationalisiert KI derzeit die Schifffahrt?

Routenoptimierung und Navigation

Die datengestützte Routenvorhersage in Echtzeit ermöglicht es den Reedereien, ihre Routen aufgrund von Wetterbedingungen und unvorhergesehenen Situationen anzupassen. Die Blockade des Suezkanals2021 hat gezeigt, wie wichtig diese Prognosemodelle für die Schifffahrtsindustrie sind. Als der beliebteste Seetransitweg vollständig blockiert wurde, waren die Reedereien gezwungen, zu improvisieren und nach den schnellsten und kostengünstigsten Alternativen zu suchen. Sie könnten mit Hilfe von KI-Technologien schnelle Schätzungen erhalten und Kosten- und Zeitverluste vermeiden. 

Kraftstoffeffizienz

Der Einsatz von KI und dem maschinellem Lernen führt zu einem effizienteren Kraftstoffverbrauch. Denn zum Einen können Routen hinsichtlich der Strecke und der Geschwindigkeit so optimiert werden, dass weniger Kraftstoff verbraucht wird und zum Anderen kann der Kraftstoffverbrauch genauestens analysiert werden, so dass jederzeit Massnahmen ergriffen werden können um die Kraftstoffeffizienz zu verbessern. Denn eine bessere Kraftstoffeffizienz bedeutet nicht nur weniger Kosten für die Reedereien, sondern auch weniger Treibhausgasemissionen. Denn nur so können letztendlich die Nachhaltigkeitsziele der IMO erreicht werden. Noch besser wäre natürlich der Einsatz alternativer Kraftstoffe. Diese werden voraussichtlich in Zukunft herkömmliche Kraftstoffe wie Schweröl (HFO) ersetzen und so noch mehr CO2 einsparen. 

Vorausschauende Wartung

Die Effizienz und Sicherheit von Schiffen hängt stark von der Wartung ab. Denn selbst geringfügige Abnutzungserscheinungen können sich auf ein komplettes System auswirken, so dass es überlastet wird und mehr Kraftstoff und Energie verbraucht, was wiederum die Schiffskosten und den Verbrauch erhöht. Unbemerkte Schäden können auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen 

Die KI analysiert die Leistung der Flotten mit Sensoren, und weist auf ungewöhnliche Schwankungen im Kraftstoff- oder Energieverbrauch und in der Wärmeerzeugung hin. So können Probleme frühzeitig erkannt und repariert werden, bevor sie zu Ausfällen führen, die die gesamte Lieferkette unterbrechen.

Der Distrelec Webshop führt eine Reihe von Sensoren, von Temperatur- und Drucksensoren bis hin zu optischen und induktiven Sensoren.

Hafenmanagement

Schifffahrtsunternehmen können ihre Schiffsplanung mit Hilfe von prädiktiver Analytik optimieren. Um ihre Fahrten so effizient wie möglich zu planen, nutzen sie die von den Hafengemeinschaftssystemen bereitgestellten Daten wie Zielort, Ankunftszeit, Fahrtroute und Fahrtdauer. Sie planen die Ankünfte auf der Grundlage der Verkehrsdaten neu, um Staus zu vermeiden und das Risiko von Zusammenstössen zu verringern. 

Was das Hafenmanagement berifft, enthalten viele KI-Systeme auch Roboterelemente, damit die Maschinen Aufgaben selbstständig erledigen können. Die KI-gestützten Prozesse können den Platz und die Platzierung der Container optimieren, indem sie die Grösse und Form eines Containers bewerten, bevor sie die bestehende Lagerkonfiguration analysieren, um die richtige Platzierung des Containers zu ermitteln. Falsch aufgestellte Container können erkannt und neu angeordnet werden, um den Platz optimal zu nutzen.

Mithilfe eines digitalen Zwillings, also einer digitalen Karte aller im Hafen ablaufenden Prozesse, kann die Hafeneffizienz optimiert werden  

Digitale Zwillinge bei der Digitalisierung der Schifffahrtsindustrie

Datenanalyse und Systemüberwachung werden durch die Verschmelzung der virtuellen und realen Welt in Simulationen ermöglicht. Dadurch werden unnötige Ausgaben vermieden, Ausfallzeiten verkürzt, neue Möglichkeiten gefunden und sogar für die Zukunft geplant. Das Konzept des digitalen Zwillings kann der maritimen Wirtschaft helfen, die Digitalisierung effektiver zu nutzen und eine neue Ära einzuleiten. Die Verwaltung der Flotte, die Effizienz der Häfen und die Verbesserung der gesamten Lieferkette sind nur einige der Elemente, die durch diese Technologie erheblich verbessert werden. 

Digitale Zwillinge bieten Schifffahrtsunternehmen, Hafenbetreibern und anderen Nutzern präzise virtuelle Umgebungen zum Testen innovativer Ideen und fördern so die Innovation im gesamten Schifffahrtssektor. Mehr über digitale Zwillinge und deren Einsatzbereiche lesen sie hier.

Was gibt es bei der Implementierung von KI im Schiffsbetrieb zu berücksichtigen?

Trotz der vielen Vorteile, die die Einbindung von KI in der Schifffahrt mit sich bringt, gibt es auch einige Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen, damit ein solcher Übergang erfolgreich verläuft. 

Cybersicherheit

Mit der Digitalisierung der Schifffahrt und der zunehmenden Vernetzung von Schiffen, KI-Systemen und autonomen Maschinen steigt auch das Risiko von Cyber-Angriffen. Es gibt eine ganze Reihe von Vorschriften, die von der IMO, der EU und nationalen und regionalen Gremien durchgesetzt werden und die Reedereien dazu verpflichten, Cybersicherheitssysteme einzurichten. Hacker haben die Möglichkeit, sensible Informationen zu stehlen, die externe Kommunikation des Schiffes zu deaktivieren oder die Navigationssysteme zu manipulieren, was sowohl der Besatzung als auch dem Unternehmen schaden könnte. Im Folgenden sind einige Beispiele für Cyber-Angriffe aufgelistet:

  • Ändern von Schiffsdaten − einschliesslich Position, Geschwindigkeit, Name, Frachtinformationen und Route. 
  • Übermittlung falscher Wetterinformationen − dadurch werden Schiffe gezwungen, ihren Kurs wegen vermeintlich schlechtem Wetter zu ändern.
  • Erstellen von „Geisterschiffen“ -− diese Geisterschiffe erscheinen anderen Schiffen als normale Schiffe, existieren aber nicht. 
  • DoS-Angriff (Denial-of-Service) auf das gesamte System durch eine Überflutung mit gefälschten AIS-Meldungen. Das automatische Identifikationssystem (AIS) wird von Schiffen verwendet, um ihre Position und andere Informationen an andere Schiffe und an Küstenstationen zu senden. 
  • Fälschung von EPIRB-Signalen Seenotfunkbaken, die auf Schiffen in der Nähe Alarm auslösen. 
  • Schiffe vom Radar verschwinden lassen

Vorbehalte der Menschen gegenüber KI

Künstliche Intelligenz beschwört den Gedanken herauf, dass Arbeitnehmer durch Technologie ersetzt werden, insbesondere wenn Roboter und autonome Elemente im Spiel sind. Diese Angst kann bei den Beschäftigten Ängste und Sorgen auslösen. Im schlimmsten Fall könnten sie KI-Programme sabotieren oder zögern, diese Technologie überhaupt zu nutzen. Wenn KI-Initiativen erfolgreich sein sollen, müssen diese Bedenken durch einen offenen Dialog und Schulungen ausgeräumt werden. 

Integration von Daten

Alle Beteiligten an Initiativen, an denen zahlreiche Dienstleister und Lieferketten beteiligt sind, müssen bereit sein, Daten und Schnittstellen anzubieten. Auch wenn diese Kooperationsprojekte häufig das grösste Optimierungspotenzial für alle Beteiligten bieten, kann es schwierig sein, Aussenstehende davon zu überzeugen, ihre Daten zur Verfügung zu stellen.

Fazit

Es ist unschwer zu erkennen, dass sich KI bereits positiv auf den Schiffsbetrieb auswirkt und der Branche eine Vielzahl von Vorteilen bietet Allerdings müssen Schiffahrtsunternehmen beim Einsatz von KI auch die Herausforderungen berücksichtigt, denn nur so können sie erfolgreich ihre Kosten senken, die Effizienz verbessern und die von der IMO festgelegten Ziele erreichen. Viele Innovationen wurden bereits umgesetzt, und mit spannenden Perspektiven wie autonomen Schiffen am Horizont können wir davon ausgehen, dass die KI in der maritimen Industrie weiterhin hohe Wellen schlagen wird. 

Total
0
Shares
Vorheriger Beitrag

Die 5 besten RND-Produkte für zukünftige Ingenieure und Technikerinnen

Nächster Beitrag

5 Roboter, die die Grenzen der Weltraumforschung neu definieren

Verwandte Beiträge