Die sechs größten KI-Trends im Gesundheitswesen für 2023 und darüber hinaus

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Technologie hat sich seit jeher schnell im Gesundheitswesen weiterentwickelt, aber seit der Corona-Pandemie hat sich der technologische Fortschritt in einem noch nie dagewesenen Ausmaß beschleunigt. Wir haben die wichtigsten Trends im Bereich Gesundheitstechnologie Ende 2022 in unserem Artikel vorgestellt. Im Jahr 2023 ist künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) eine der meistdiskutierten technologischen Innovationen. ChatGPT und Bard dominieren den Bereich der Chatbots, und von KI unterstützte Geräte rationalisieren Prozesse in zahlreichen Branchen. 

Aber was sind die Auswirkungen auf das Gesundheitswesen? Laut Binariks.com wurde der weltweite Markt für KI im Gesundheitswesen auf 16,3 Milliarden US$ geschätzt. Diese Zahl wird bis 2029 voraussichtlich auf 173,55 Milliarden US$ anwachsen. Diese durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 40,2 % deutet auf ein enormes Wachstum des KI-Markts im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren hin. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir hier einige der größten Trends, die das Gesundheitswesen im Jahr 2023 beeinflussen werden. Außerdem bieten wir einen Ausblick darauf, was in Zukunft wichtig sein könnte.

Präzisionsmedizin

Der Einsatz von KI in der Präzisionsmedizin wird immer häufiger und ist ein modernerer Ansatz zum Verständnis von Gesundheit. Traditionell werden alle Personen mit einer bestimmten Krankheit auf dieselbe Weise behandelt, aber nicht jeder Mensch ist gleich bzw. spricht nicht gleich auf bestimmte Behandlungen an. In der Vergangenheit konnte nicht jede Person individuell behandelt werden und es war viel effektiver, eine Einheitslösung zu verfolgen. Dank KI-Geräten wurde es jedoch deutlich einfacher. 

KI erstellt hochgradig individualisierte Behandlungspläne durch das Untersuchen einer Vielzahl von Patientendaten, einschließlich genetischer, umweltbedingter und lebensstilbezogener Variablen. Diese Methode hat besondere Bedeutung bei der Behandlung komplizierter Krankheiten wie Krebs. Hier wird KI eingesetzt, um die beste Kombination von Medikamenten und Behandlungsplänen, basierend auf den genetischen Merkmalen jedes Patienten, zu bestimmen. Die KI-gestützte Präzisionsmedizin möchte auch vorhersagen, wie Patienten auf verschiedene Behandlungen ansprechen, was wiederum den Ärzten hilft, die besten Maßnahmen auszuwählen und Fehlversuche zu minimieren.

2023 dient der Einsatz von mehreren Genen betreffenden Tests wie Oncotype Dx® als Beispiel für Präzisionsmedizin bei der Behandlung von Brustkrebs, insbesondere bei östrogenpositivem/HER2-negativem (ER+/HER2-) Brustkrebs im Frühstadium. Diese Tests sind entscheidend bei der Auswahl der unterstützenden Therapie. Sie analysieren eine Reihe von Genen aus Tumorproben, um bei den Behandlungsentscheidungen zu helfen.

Prädiktive Analytik

Durch KI gestützte prädiktive Analytik im Gesundheitswesen verändert die Patientenversorgung, indem sie zukünftige gesundheitliche Ereignisse und Trends vorhersagt. Diese Technologie analysiert historische und Echtzeitdaten für die Vorhersage von Patientenergebnissen und um Patienten mit hohem Risiko für bestimmte Krankheiten zu erkennen und den medizinischen Versorgungsbedarf vorauszusehen. Durch künstliche Intelligenz gesteuerte Algorithmen können z. B. durch die Analyse von Laborergebnissen, Bildgebungsdaten und elektronischen Gesundheitsakten (Electronic Health Records bzw. EHR) Patienten mit einem erhöhten Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes oder Herzerkrankungen identifizieren. Prädiktive Analysen sind auch bei der Vorhersage von Patientenaufnahmeraten, der Verwaltung von Gesundheitsressourcen und der Personal- und Bestandsoptimierung in Krankenhäusern sehr hilfreich. Diese Technologie stützt sich auf Sensoren, IoT und intelligente Technologien zur Überwachung und Verwaltung der Geräteleistung.

KI-gestützte prädiktive Analysen werden immer häufiger in Verbindung mit tragbaren Technologien wie Fitness-Trackern und Smartwatches zum Überwachen und Verwalten des Gesundheitszustands eingesetzt. Zahlreiche Gesundheitsdaten, wie Herzfrequenz, Aktivitätsniveau, Schlafverhalten und sogar der Blutsauerstoffgehalt, werden von diesen Geräten kontinuierlich erfasst. Diese Daten können in Verbindung mit prädiktiven Analysen wichtige Einblicke in den Gesundheitszustand und mögliche Gesundheitsrisiken von Personen bieten.  

Medizinische Bildgebung und Diagnostik

KI wirkt sich stark auf die Diagnostik und Bildgebung in der Medizin aus. In den Bereichen Radiologie, Pathologie und Ophthalmologie verbessern fortschrittliche Algorithmen die Geschwindigkeit, Genauigkeit und Effizienz der Bildanalyse. KI erkennt Anomalien in MRTs, CT-Scans und Röntgenbildern häufig schneller und genauer als menschliche Spezialisten. Diese Fähigkeit ist entscheidend bei der frühzeitigen Diagnose und Erkennung von Krankheiten, insbesondere von Netzhauterkrankungen, Lungenknoten und Brustkrebs. Darüber hinaus wird die Echtzeitanalyse medizinischer Daten mithilfe von KI immer üblicher und hilft den Ärzten, bessere Entscheidungen bei Operationen und Behandlungen zu treffen.

Eine kombinierte Studie des King’s College London, der University of Warwick, Wellcome und mehrerer NHS-Standorte hat gezeigt, dass künstliche Intelligenz Röntgenbilder analysieren und medizinische Probleme genauso schnell, wenn nicht sogar schneller als Ärzte feststellen kann. Die Software X-Raydar kann Röntgenbilder sofort nach der Aufnahme scannen und Anomalien fast augenblicklich markieren und anschließend einen Prozentsatz für jede Anomalie angeben. 

Umfassende KI-Programme wie dieses sind die Zukunft der Medizin, in der KI als Co-Pilot für viel beschäftigte Ärzte fungiert. Angesichts des akuten Mangels an Radiologen in Großbritannien erleichtern Programme wie dieses die Interpretation und reduzieren Verzögerungen bei Diagnose und Behandlung.

Professor Vicky Goh, Co-author of King’s College London, and immediate past Chair of the Academic Committee at the Royal Society of Radiologists

Entdecken und Entwickeln von Arzneimitteln 

Die vorklinischen Phasen in der herkömmlichen Arzneimittelforschung dauern in der Regel drei bis sechs Jahre und kosten Hunderte von Millionen bis Milliarden Dollar. Dieses Verfahren ist bekanntermaßen zeit- und kostenaufwändig. Eine Fülle von KI-Tools verändert jedoch fast jede Phase im Arzneimittelforschungsprozess und hat das Potenzial, das Tempo und die Wirtschaftlichkeit des Sektors zu verändern.

KI kann mit der Analyse großer Datensätze viel schneller als herkömmliche Methoden mögliche Arzneimittelkandidaten identifizieren. Dazu gehören Vermutungen über die Wechselwirkungen neuer Medikamente mit dem Körper, das Erkennen möglicher negativer Auswirkungen und sogar die Unterstützung beim Planen klinischer Studien. Die Entwicklung neuer therapeutischer Ziele und Wege, insbesondere für Krankheiten, die aktuell keine wirksamen Behandlungen haben, wird durch das Analysieren komplexer biologischer Daten durch KI ermöglicht. Auf diese Weise stehen neue therapeutische Wege für die Arzneimittelentwicklung zur Verfügung.

Robotergestützte Chirurgie

Wir haben bereits erforscht, wie Menschen und Roboter zusammenarbeiten können – und dies gilt auch für die Gesundheitsbranche. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der robotergestützten Chirurgie setzt sich immer mehr durch und bietet eine noch nie dagewesene Präzision und Kontrolle. Robotersysteme, die von KI unterstützt werden, helfen Chirurgen bei der Durchführung komplexer und heikler Eingriffe. Mit dieser Technologie können Operationen heute mit minimalinvasiven Methoden durchgeführt werden, was die Genesungszeit verkürzt und das Risiko von Komplikationen senkt. Mit KI erzielen Chirurgen dank Datenanalysen in Echtzeit, präzisen Bewegungen und sogar vorausschauenden Erkenntnissen während des Eingriffs, bessere Ergebnisse. Dieser Trend erhöht das Potenzial für chirurgische Behandlungen und verbessert zudem die Operationsergebnisse in Bereichen, in denen der menschlichen Präzision Grenzen gesetzt sind.

Der „Smart Tissue Autonomous Robot“ (STAR) ist ein praktisches Beispiel für die robotergestützte Chirurgie. Dieses System wird bei laparoskopischen Eingriffen zum Erstellen und Durchführen eines Operationsplans mit minimaler menschlicher Intervention eingesetzt. Tatsächlich war er 2022 der erste Roboter, der ohne menschliche Hilfe eine Weichteiloperation vornahm, als er eine laparoskopische Operation an einem Schwein durchführte. STAR nutzt auf maschinellem Lernen basierende Verfolgungsalgorithmen, 3D-Bildgebungssysteme, Computer Vision und fortschrittliche Steuerungstechniken, um auf Probleme bei Operationen zu reagieren. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung automatisierter chirurgischer Eingriffe der Zukunft. 

Virtuelle Gesundheitsassistenten (Virtual Health Assistants bzw. VHAs)

Diese KI-gestützten Systeme, die häufig in Form von Chatbots oder virtuellen Kundendienstmitarbeitern auftreten, bieten rund um die Uhr Unterstützung und verbessern die Effizienz und Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung. Die VHAs helfen nicht nur bei der Triage der Symptome und der Beantwortung von Patientenfragen, sondern bieten auch die Möglichkeit, Termine zu vereinbaren und an die Einnahme von Medikamenten zu erinnern. Virtuelle Assistenten sind besonders hilfreich bei der Bearbeitung von Routineanfragen. Dadurch wird das medizinische Personal entlastet und kann sich auf schwierigere Aufgaben in der Patientenversorgung konzentrieren. 

Durch den Einsatz von maschinellem Lernen und natürlicher Sprachverarbeitung können VHAs individualisierte Interaktionen anbieten, indem sie die Bedürfnisse von Patienten genau verstehen und auf diese reagieren. Dieses Muster spiegelt eine größere Bewegung im Gesundheitswesen hin zu digitalen Lösungen wider, bei denen die Technologie die Patientenerfahrung verbessert und die Versorgung beschleunigt, sodass sie patientenorientierter und reaktionsschneller wird.

Wie sieht die Zukunft aus?

Mit Blick auf die Zukunft der KI im Gesundheitswesen ist es offensichtlich, dass das Zusammenlaufen von Technologie und Medizin die Branche grundlegend verändern wird. Im Jahr 2024 und darüber hinaus werden sich die aktuellen Trends wahrscheinlich weiterentwickeln und zu noch ausgefeilteren und wirkungsvolleren Anwendungen von KI im Gesundheitswesen führen. 

Neuere Technologien, wie z. B. virtuelle Krankenstationen, könnten im Jahr 2024 an Popularität gewinnen, da sie es den Patienten ermöglichen, zu Hause statt im Krankenhaus betreut zu werden. Das entlastet das medizinische Personal und es werden Betten für die Menschen mit dem größten Bedarf frei werden. Diese Stationen arbeiten mit vernetzten IoT-Geräten zum Überwachen von Patienten und Bereitstellen von Kommunikationskanäle für medizinisches Fachpersonal aus der Ferne. Diese Art der Versorgung wird als „Telemedicine 2.0“ bezeichnet, da sie über die einfache Bereitstellung von Fernversorgung hinausgeht. Virtuelle Stationen sind eine zentrale Stelle, die medizinischesm Fachpersonal das Überwachen einer Gruppe von Personen aus der Ferne ermöglicht. 

Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) finden auch im Gesundheitswesen immer mehr Einsatz. Erst in diesem Jahr wurde berichtet, wie Fachkräfte im Gesundheitswesen VR zur Behandlung von langfristigen chronischen Schmerzen einsetzen. VR wird auch in anderen Branchen eingesetzt, um die Sicherheit zu verbessern. AR wird z. B. für Wundmanagement eingesetzt und erleichtert die nicht-invasive Bewertung des Schweregrads einer Wunde, des Heilungszustands und des optimalen Behandlungsverlaufs eines Patienten. 

Fazit

Die Zukunft von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen ist äußerst vielversprechend und geprägt von Fortschritten, die nicht nur die Patientenergebnisse sowie die betriebliche Effizienz verbessern, sondern auch neuen therapeutischen Möglichkeiten und einem stärker personalisierten Ansatz in der Patientenversorgung den Weg ebnen. Die Präzisionsmedizin wird weiterhin Fortschritte machen, während die Integration von KI in die medizinische Bildgebung und Diagnostik voraussichtlich neue Höhen erreichen wird. Die robotergestützte Chirurgie ist bereits auf dem Vormarsch und wird wahrscheinlich noch mehr Verbreitung finden. Zweifellos wird sich das Gesundheitswesen mit dem Fortschritt dieser Technologien verändern und proaktiver, genauer und patientenorientierter werden.

Haftungsausschluss

Alle Inhalte und Informationen in diesem Artikel dienen nur zu Informations- und Bildungszwecken und stellen keine medizinische Beratung dar.

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