Der Wettlauf um die Konnektivität

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In einer zunehmend digitalisierten Welt wird die Mobilfunkkonnektivität immer wichtiger. Länder mit einer höheren Internetzugangsrate profitieren in der Regel von besseren wirtschaftlichen Ergebnissen, da die Konnektivität die Produktivität von Unternehmen und Arbeitnehmern steigert, den Zugang zu Märkten und Produkten auf globaler Ebene verbessert sowie den Zugang zu Weiterbildungsmassnahmen und damit zu mehr Wissen und Produktivität ermöglicht.

Aus diesem Grund hat Distrelec das Wachstum der Konnektivität zwischen 2014 und 2021 direkt mit den Veränderungen des Pro-Kopf-BIP in diesem Zeitraum verglichen, um zu sehen, wo der Ausbau der Konnektivität die grössten wirtschaftlichen Auswirkungen hatte und wo der Wettlauf zur Schliessung der Lücke beginnen könnte.  Die Studie misst vier Faktoren: Infrastruktur, Erschwinglichkeit, Bereitschaft der Verbraucher sowie Inhalte und Dienste. Dies wird anhand verschiedener Indikatoren wie 4G- und 5G-Abdeckung, mobile Download-Geschwindigkeiten, Upload-Geschwindigkeiten, Server pro Bevölkerung, Zugang zu Strom, Mobilfunkbesitz, entwickelte Apps pro Person und die Anzahl der Apps in der Landessprache bewertet.

Welche Länder haben das grösste Wachstum bei der Konnektivität zwischen 2014 und 2021 zu verzeichnen?

Den höchsten Zuwachs an Konnektivität konnten die Vereinigten Arabischen Emirateverzeichnen. Unseren Daten zufolge stieg die Konnektivität in dem Land zwischen 2014 und 2021 von 64,6 auf 84,4 Punkte, was einem Wachstum von 20,2 Punkte entspricht. Dies kann in gewisser Weise auf die Strategie der Industrie 4.0 von 2017 zurückgeführt werden, mit der das Land seine Wirtschaft weg von der Ölabhängigkeit und hin zu Wissen, Technologie und qualifizierten Arbeitskräfte führen möchte. Zudem möchte das Land seine Position als globales Zentrum für 4IR-Technologien und -Innovationen stärken. Trotz dieses exponentiellen Wachstums liegen die VAE im Jahr 2021 im Vergleich zu anderen Ländern bei der Gesamtkonnektivität auf Platz 11 und verzeichnen gleichzeitig einen Rückgang des Pro-Kopf-BIP um 2.550,41 US-Dollar.

Mit einem Wachstum von 18, 8 Punkten von 65,7 Punkten im Jahr 2014 auf 84,5 Punkte im Jahr 202, liegt die Tschechische Republik auf Platz zwei des Konnektivitätswachstums. Betrachtet man jedoch die Gesamtkonnektivität im Jahr 2021, liegt das Land auf dem 12. Platz Dennoch stieg das Pro-Kopf-BIP in diesem Zeitraum um 6930,33 Dollar von 19.890,92 Dollar auf 26.821,25 Dollar. Daraus lässt sich schliessen, dass selbst Länder, die bei der Gesamtkonnektivität im Jahr 2021 auf den hinteren Plätzen lagen, einen Anstieg des Pro-Kopf-BIP verzeichnen konnten. In einigen Fällen ging dies auch mit einem starken Anstieg der Konnektivität des Landes einher. Die Tschechische Republik belegte in allen vier Bereichen einen Spitzenplatz, wobei es bei der Infrastruktur den höchsten Wert (91,1) und bei der Erschwinglichkeit den niedrigsten Wert (78,7) erreichte, was zeigt, dass die Konnektivität im Land zwar zunimmt, aber noch nicht für alle erschwinglich ist.

Irland rangiert an dritter Stelle beim Konnektivitätswachstum, das zwischen 2014 und 2021 um 18,2 Punkte von 70,4 auf 88,6 steigt. Interessanterweise fiel dies mit einem Anstieg des Pro-Kopf-BIP um 44.529 Dollar zusammen, was den Anstieg des BIP in allen untersuchten Ländern bei weitem übertrifft. Irische Unternehmen haben in grossem Umfang in die 5G-Infrastruktur und deren Bereitstellung investiert, was wiederum zu einer verstärkten Nutzung von Technologien geführt hat, die verschiedene Aspekte der Gesellschaft voranbringen, wie z. B. die medizinische Fernversorgung. Irland hat auch an einem O-RAN-System gearbeitet, das 5G-Funkeinheiten nutzt, um drahtlose Breitbandverbindungen in ländliche Gebiete zu bringen. Auch Smart Cities können davon profitieren, da sich dadurch der Verkehrsfluss steuern lässt. Das hat nicht nur massive Auswirkungen auf die Konnektivität im Alltag, sondern auch auf Schlüsselindustrien, wie der Landwirtschaft. Landwirte können mit einer Kombination aus 5G- und IoT-Technologien schnell Daten über die Bodenfeuchtigkeit und den Gesundheitszustand der Pflanzen sammeln, um die Bewässerung und Düngung zu optimieren.

Deutschland liegt an vierter Stelle mit einem respektablen Wachstum von 17,1 Punkten während des untersuchten Zeitraums. Der Konnektivitätsanstieg von 71,9 Punkten im Jahr 2014 auf 89 Punkte im Jahr 2021, trug dazu bei, dass Deutschland 2021 bei der Gesamtkonnektivität den fünften Platz erreichte. Als eines der führenden europäischen Länder bei der Einführung von IoT und Konnektivität hat Deutschland ein direktes Wachstum in den Bereichen Fertigung, Haushalt, Gesundheit und Finanzen sowie im Einzelhandel und in der Landwirtschaft zu verzeichnen. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften treibt jedoch die Nachfrage nach Outsourcing weiter an.  Dies trug dazu bei, dass das Pro-Kopf-BIP in den genannten Jahren um 3.179 Dollar anstieg. Allerdings können sich die Länder nicht allein auf verbesserte technologische Innovationen verlassen, da das Pro-Kopf-BIP durch viele Faktoren beeinflusst werden kann, wobei unerwartete Ereignisse wie Naturkatastrophen und Kriege (selbst wenn sie ausserhalb des eigenen Landes stattfinden) massive Auswirkungen haben.

Und an fünfter Stelle steht Ungarn. Das Land verzeichnete im Laufe der Jahre einen Zuwachs von 14,5 Prozentpunkten, hat aber noch einen weiten Weg vor sich, wenn man bedenkt, dass das Land in unserer Studie bei der Gesamtkonnektivität ab 2021 auf Platz 15 liegt. Dennoch stieg das Pro-Kopf-BIP in diesen Ländern um 4.433,86 Dollar. Der von uns untersuchte Index zeigt, dass das Land von den vier Faktoren den höchsten Wert für die Infrastruktur (85,5) und den niedrigsten Wert für die Erschwinglichkeit (78,1) aufweist. Spätere Daten bestätigen dies: 2022 nutzten 1,06 Millionen Menschen kein Internet, dennoch wurde in den Dienst für die bestehenden Kunden investiert, und die durchschnittliche Geschwindigkeit der mobilen Internetverbindung stieg in den zwölf Monaten bis Anfang 2022 um 15,8 %.

Welche Länder schnitten 2021 bei der Gesamtkonnektivität am besten ab?

Bei der Gesamtkonnektivität der von uns untersuchten Länder lag Singapur mit 91,4 Punkten und einem Anstieg des Pro-Kopf-BIP um 15.231,47 US-Dollar an der Spitze. Singapur ist als erstes Land der Welt vollständig mit eigenständigem 5G abgedeckt. Das ermöglicht hochleistungsfähige Dienste im Alltag sowie bedeutende Möglichkeiten für Anwendungen in der Industrie und in Unternehmen. Bis 2025 sind 18,1 Milliarden US-Dollar für Forschung und Entwicklung vorgesehen, um transformative Technologien voranzutreiben und die Vorteile der Digitalisierung zu maximieren. Singapur verzeichnet regelmässig dank seiner starken Wirtschaft und der unternehmerfreundlichen Politik mit niedrigen Steuersätzen eines der höchsten Pro-Kopf-BIPs weltweit.

Auf dem zweiten Platz liegt Finnland mit einer Gesamtpunktzahl von 90,2 Punkten im Jahr 2021. Während das Land zwischen 2014 und 2021 nur ein Wachstum von 10,6 Prozentpunkten verzeichnet, stieg das Pro-Kopf-BIP um 3.327,51 US-Dollar. Finnland führte im Juli 2010 als erstes Land den Rechtsanspruch auf einen Internetzugang ein, doch diese frühe Einführung bedeutet, dass die Verbreitung in den folgenden Jahren weniger stark war. Der wichtigste Wirtschaftszweig ist das verarbeitende Gewerbe. 2014 lag der Hochtechnologiesektor des verarbeitenden Gewerbes hinter Irland auf Platz Zwei. 

Norwegen liegt mit einer Gesamtkonnektivitätsbewertung von 89,9 auf dem dritten Platz. Trotz eines Wachstums von 11,6 Prozentpunkten zwischen 2014 und 2021 ist das Pro-Kopf-BIP um 7.864,90 Dollar gesunken. Das Land wird regelmässig als eines der am weitesten digitalisierten Länder Europas genannt, mit deutlichen Fortschritten in den Bereichen digitale Infrastruktur, digitale öffentliche Dienste und digitale Kompetenzen. Für Norwegen ist 5G der Wegbereiter für weitere IoT- und KI-Technologie. Laut Heritage erlebte das Land im untersuchten Zeitraum einen wirtschaftlichen Abschwung, der zum Teil auf die Corona-Pandemie zurückgeführt werden kann. 2021 begann die Wirtschaft sich dann wieder zu erholen.

Nicht alle Länder, in denen die Konnektivität zunahm, verzeichneten einen vergleichbaren Anstieg des Pro-Kopf-BIP und umgekehrt. Ein Vergleich zwischen dem Vereinigten Königreich und Litauen zeigt, dass beide Länder zwischen 2014 und 2021 ein sehr ähnliches Wachstum verzeichnen, wobei das Vereinigte Königreich um 13,4 Punkte und Litauen um 13,5 Punkte zulegt. Das Vereinigte Königreich hatte im Jahr 2021 einen viel höheren Gesamtwert für die Konnektivität (89) und lag damit zusammen mit Deutschland auf dem fünften Platz, während Litauen am Ende der Liste lag (81,3). Das Pro-Kopf-BIP in Litauen stieg um 7.172,32 $, während es im Vereinigten Königreich um 937,31 $ zurückging.

Einige haben den Grund für die Diskrepanz im Konnektivitätswachstum des Vereinigten Königreichs in der nationalen Deindustrialisierung gesehen, bei der bestimmte Funktionen immer weniger automatisiert werden, während die Konnektivität zugenommen hat, sowie in der chronischen Unterinvestition als Folge der Sparmassnahmen. Der Wirtschaftskommentator Duncan Weldon nannte als Beispiel die Autowaschanlagen: „Zwischen 2003 und 2018 ist die Zahl der automatischen Waschanlagen um 50 % zurückgegangen, während die Zahl der Handwaschanlagen um 50 % gestiegen ist.” Dieses Phänomen ist kein Einzelfall. Es gibt viele Tätigkeiten, die noch immer von Menschen erledigt werden, obwohl sie schon längst automatisiert hätten sein können. Das führt zu einem Rückgang der Arbeitsproduktivität und damit zu einem niedrigeren Pro-Kopf-BIP.

Insgesamt haben die Ergebnisse dieser Studie gezeigt, dass die zunehmende Vernetzung zu einem höheren Pro-Kopf-BIP beigetragen hat, wenn die nationalen Investitionen der Verbesserung der Arbeitsplatzproduktivität und dem technologischen Fortschritt für wachsende Unternehmen dienten. Auch bei Ländern, die zwar bei der Gesamtkonnektivität nicht so gut abgeschnitten haben, dafür aber zwischen 2014 und 2021 ein starkes Wachstum verzeichnen konnten, ist das Pro-Kopf-BIP deutlich gestiegen. Es gibt jedoch noch einiges zu tun, um die Kluft zwischen den einzelnen Ländern zu beseitigen. Während die Länder, die schon früh mit der Digitalisierung und dem Ausbau der Konnektivität angefangen haben diese Technologie schon im Industriebereich verwenden können, beschränkt sich die Nutzung bei den Nachzüglern auf den privaten Bereich. Deshalb ist bei der Steigerung der Produktivität noch Luft nach oben.


Methodik

Wir haben uns das länderspezifische Ranking für die Mobilfunkkonnektivität zwischen 2014 und 2021 gemäss dem GSMA Connected Society – Mobile Connectivity Index angeschaut und dies mit dem Wachstum des Pro-Kopf-BIP im selben Zeitraum verglichen. Die Zahlen vom Pro-Kopf-BIP stammen von der Weltbank.

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