Augmented Reality in der Industrie 4.0

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In einer zunehmend vernetzten Industrie lassen sich viele Prozesse virtuell abbilden. „Mixed Reality“ ist für sämtliche Bereiche der industriellen Fertigung interessant – von der Anlagenplanung bis zum Kundenkontakt. Augmented Reality (AR) ist deshalb nicht nur für die Gaming-, Unterhaltungs- und Telekommunikationsbranche ein wichtiges Instrument. Sie hilft auch in der Industrie 4.0.

Mixed Reality, Virtual Reality & Augmented Reality

Wenn es um digitale Tools für die Industrie 4.0 geht, gehören Augmented und Virtual Reality-Anwendungen regelmäßig zu den genannten Möglichkeiten. Im Vergleich zu vielen anderen Technologien wird ihr Einfluss jedoch als gering erachtet.

Ein Blick auf die Ergebnisse des Deloitte Insights Readiness Reports von 2020 zeigt, welche Technologien für die Unternehmen von größerer Bedeutung sind:

  • Internet of Things (IoT), Künstliche Intelligenz (KI), Cloud Infrastrukturen und Big Data bzw. Big Data Analysen werden international als wichtigste Stützen für die Industrie 4.0 erachtet.
  • Danach folgen Nanotechnologien, Advanced Robotics und Sensoren.
  • Augmented Reality zählt laut des Berichts zu den weniger relevanten Technologien, zusammen mit 3D-Druck, Quanten- und Edge-Computing.

Dabei eröffnen sich durch den Einsatz virtueller Tools zahlreiche Möglichkeiten für die gesamte industrielle Produktion.

Augmented Reality – was ist das?

Spätestens seit dem Erfolg der Spiele-App Pokémon Go ist Augmented Reality den meisten Menschen ein Begriff. Für Computer- und Videospiele, für Foto- und Video-Filter von Social Media-Anwendungen oder für Bildungs- und Lernprojekte ist AR ein beliebtes Mittel, um die reale Welt und digitale Informationen miteinander zu verbinden.

Das ist die wesentliche Aufgabe, die Augmented Reality erfüllt: Mit ihrer Hilfe können reale Umgebungen mit digitalen Elementen (visuell oder auch mit Audio) ergänzt oder überlagert werden. Erforderlich für die Nutzer sind lediglich die entsprechenden Endgeräte. Weil sich die Anwendungen sowohl mit speziellen AR-Brillen als auch mit mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets nutzen lassen, ist die Bedienung unkompliziert.

Die Grundlegenden Anforderungen sind dabei:

  • die Kombination von virtuellen und realen Objekten innerhalb einer realen Umgebung,
  • der interaktive Betrieb sowie
  • die Echtzeit-Registrierung von virtuellen und realen Objekten untereinander.

Verschiedene AR-Methoden für die Visualisierung

Für die Funktionsweise von AR-Systemen werden in der Regel Marker eingesetzt. Diese helfen dabei, die Position und Orientierung der virtuellen Objekte in der realen Umgebung richtig einzuschätzen. Alternativ gibt es Methoden, die ohne Marker auskommen wie Natural Feature Tracking (NFT) oder Simultaneous Localization and Mapping (SLAM).

Bei der Visualisierung sind ebenfalls unterschiedliche Systeme möglich:

  • Head Mounted Displays (HMD) sind die bekannten tragbaren Brillen oder Helme. Sie sind typische Hilfsmittel vor VR-Anwendungen mit vollständig virtuellen Umgebungen – können allerdings ebenso für die Augmented Reality genutzt werden.
  • Mobile Displays, also Smartphones und Tablets, sind auch außerhalb des industriellen Kontextes bekannt, einige Anwendungen wurden eingangs bereits erwähnt. In der Produktion helfen mobile Geräte dabei, komplexe Produkte oder Prozesse auf einfache Weise abzubilden.
  • Spatial Augmented Reality-Systeme (SAR) funktionieren anders, denn sie verwenden Projektoren. Damit werden die virtuellen Elemente direkt auf die realen Objekte projiziert.

Spatial Computing bedeutet im Zusammenhang mit AR-Anwendungen das Übereinanderlegen von verschiedenen virtuellen Layern. Die dazu notwendigen Daten werden beispielsweise in einer AR-Cloud gespeichert. Auf diese Weise lässt sich die visuelle Darstellung mit Echtzeitdaten von Sensoren, Produktionskennzahlen oder Informationen von anderen IoT-Objekten vernetzen.

Der Vorteil liegt darin, dass diese Form der Visualisierung Hands-free-Lösungen ermöglicht. So können manuelle Arbeitsprozesse durchgeführt werden, während gleichzeitig digitale Informationen oder Hilfe durch Remote-Assistent-Systeme zur Verfügung stehen.

Arbeiten in der Mixed Reality

Augmented Reality ist Teil der sogenannten Mixed Reality. Damit wird die Verknüpfung realer und virtueller Umgebungen beschrieben: real auf der einen Seite mit Fabrikhallen, Maschinen und Personal, virtuell auf der anderen Seite mit Daten aus unterschiedlichsten Quellen.

AR-Anwendungen sind ein gutes Beispiel, wie diese Verknüpfung von real und virtuell in der Praxis aussehen kann. Innerhalb der Mixed Reality ist sie ein Teilbereich. Neben der Virtual Reality haben die Augmented Virtuality Anwendungen und Tools einen stärkeren Schwerpunkt auf der virtuellen Ebene, aber immer noch Anschluss an reale Umgebungen.

Sie sind ein wichtiger Faktor in der Planung, weil zum Beispiel über neue Peripheriegeräte (wie Handschuhe) helfen können, Ergonomie- und Leistungskennzahlen für das Gestalten von Arbeitsplätzen zu erfassen. Die Anwendungsgebiete von Augmented Reality liegen hingegen vor allem im Bereich der Fertigung.

Stärken und Schwächen von AR in der Produktion

Die Skepsis von Industrieunternehmen gegenüber AR-Anwendungen in der Fertigung rührt nicht zuletzt daher, dass ihr Einfluss zu wenig eingeschätzt werden konnte. Ohne die entsprechende technische Ausrüstung ist Augmented Reality nicht umsetzbar, die notwendigen Investitionen sollen daher positive Effekte zeigen.

Gemeinschaftliches Forschungsprojekt untersucht Wirkung von AR

Den Impact von AR auf die industrielle Fertigung hat ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM), der University of Wisconsin-Madison sowie des Landeskrankenhauses Mainz (Seeing the Bigger Picture? Ramping up Production with the Use of Augmented Reality. Manufacturing & Service Operations Management 2022) in gemeinsamen Feldversuchen untersucht. Die Fragestellungen des Projekts, das ist einem Technologieunternehmen durchgeführt wurde:

  • Wie schnell lernen Beschäftigte, neue Aufgaben mit und ohne AR-Unterstützung auszuführen?
  • Spielt die Komplexität der Aufgabe eine Rolle?
  • Wie beeinflussen AR-Anwendungen die Fähigkeit der Beschäftigten, Vorschläge für die Optimierung der Prozesse zu machen?

Am deutlichsten ist der Einfluss von AR-Anwendungen auf die Produktivität. Die Forschenden konnten beobachten, dass selbst komplexe Aufgaben mit Hilfe von AR-Brillen erheblich schneller abgeschlossen (Zeitersparnis von durchschnittlich 44 Prozent) wurden. Selbst bei einfachen Aufgaben konnten mit AR-Unterstützung rund 15 Prozent Zeit eingespart werden.

Vor- und Nachteile von AR richtig einschätzen

Der Nachteil: Die technische Hilfe verringert den Lerneffekt. Die notwendigen Informationen für das Bewältigen der Aufgabe werden nicht in derselben Tiefe aufgenommen wie bei analoger Arbeit. Das wiederum wirkt sich auch auf Innovationspotenziale aus – hilfreichere Verbesserungsvorschläge kamen laut Untersuchungsergebnis aus der Gruppe, die ohne AR-Technologie arbeitete.

In Bereichen, in denen die Prozessoptimierung weitgehend oder gänzlich abgeschlossen ist, wirken sich AR-Anwendungen nach Aussage der Forschenden am positivsten aus. Wo in der Produktion eine hohe Taktfrequenz gefordert ist, fungiert AR unterstützend und ermöglicht dadurch eine höhere Produktivität.

Tatsächlich finden viele Unternehmen jedoch ganz verschiedene Einsatzmöglichkeiten für AR-Technologien innerhalb der industriellen Fertigung.

Anwendungsbereiche für AR-Technologie in der Industrie 4.0

Auch wenn AR-Anwendungen im Vergleich zu anderen Schlüsselindustrien der Industrie 4.0 etwas zurückstehen, nutzen viele Hersteller bereits die Möglichkeiten der erweiterten Realität. Die Einsatzbereiche sind dabei sehr unterschiedlich und beschränken sich längst nicht darauf, gut abgestimmte Produktionsprozesse noch schneller ablaufen zu lassen.

Unterstützung bei komplexen Montageaufgaben

Wie die oben aufgeführte Untersuchung des Forscherteams um Prof. Dr. David Wuttke bereits gezeigt hat, bedeutet AR eine erhebliche Erleichterung im Zusammenhang mit komplexen Aufgaben. Diese müssen beispielsweise in Bereich der Montage erledigt werden – vor dem Hintergrund steigender Komplexität von Produkten und Produktionsprozessen.

Eine Vielzahl von Bauteilen muss mit äußerster Präzision und unter Zeitdruck zusammengesetzt werden. Die Größe des fertigen Produkts ist dabei ein eher untergeordneter Faktor, die Herausforderung bleibt hingegen die gleiche.

Neue Produkte erschweren die Montage jedoch und verzögern dadurch die Abläufe. Das liegt unter anderem an neuen Montageanleitungen und der Art und Weise, wie diese aufbereitet sind. Zum Einsatz kommen dann häufig PDF-Dokumente, die in ihrer Handhabung nicht der geforderten Schnelligkeit entsprechen.

Mit AR-Unterstützung lassen sich diese Informationen jedoch leicht erreichbar und gut sichtbar bereitstellen. Mit Sprachsteuerung sind diese sogar freihändig verfügbar, so dass die Montage nicht unterbrochen werden muss.

Diese Form der Nutzung ist keineswegs neu. Durch den technologischen Fortschritt sind die erforderlichen Geräte und die dazugehörige Software jedoch deutlich günstiger geworden als noch vor 20 Jahren. Dadurch sind solche AR-Anwendungen inzwischen weiter verbreitet. In der Luft- und Raumfahrttechnik, wo die Montage in erheblich größeren Dimensionen vorgenommen wird, kommen beispielsweise Projektoren zum Einsatz, die die genaue Position von Einzelteilen anzeigen können.

Vereinfachung von Wartungsprozessen

Die Wartung von Produktionsanlagen ist aus wirtschaftlicher Perspektive ein kritischer Faktor. Ihre Planung und Automatisierung sind deshalb in der Industrie 4.0 ein wichtiges Thema, weil sie unerwarteten Produktionsausfällen vorbeugen soll.

Auch ohne die Möglichkeiten einer weitgehend oder vollständig automatisierten Maschinenwartung spielt Zeit eine zentrale Rolle. Müssen Wartungsergebnisse und -ziele erst aufwändig in Handbücher übertragen werden, verzögern sich die Abläufe und dauern insgesamt länger als notwendig.

Mit AR-Technologie kann der Abgleich von Zielen und Ergebnissen auf einem AR-Display parallel stattfinden. In diesem Fall hilft die Sprachsteuerung ebenso dabei, das Handbuch einfach zu führen, während die Hände weiterhin frei sind.

Die HoloLens-Technologie verbindet Wartungsservice, virtuelle Modelle und moderne Kommunikationswege miteinander. Servicetechniker erhalten so Zugriff auf alle relevanten Informationen (etwa technische Daten etc.), können diese mit virtuellen Modellen abgleichen und die Wartung freihändig durchführen.

Dazu muss der technische Support nicht einmal vor Ort sein: Alle notwendigen Inspektionsschritte können über die HoloLens an einen Techniker vor Ort übermittelt werden. Die AR-Brille funktioniert dabei in zwei Richtungen:

  • Der Techniker vor Ort sieht über das Display die genauen Anweisungen für die fachgerechte Wartung und bekommt dadurch eine präzise Schritt-für-Schritt-Anleitung.
  • Der Support in der Zentrale hingegen erhält über die Brille eine direkte Sichtungsmöglichkeit und kann die Wartung sozusagen „ferngesteuert“ vornehmen.

In Verbindung mit den Daten aus den Modellen lassen sich solche Eingriffe bereits im Vorfeld planen und damit deutlich schneller abschließen.

Förderung von kollaborativen Arbeitsweisen

Die HoloLens-Anwendung nimmt eine weitere Möglichkeit für AR-Anwendungen im Grunde genommen schon vorweg: die Verbesserung von kollaborativen Lösungen und der einfachere Zugriff auf Expertenwissen. Damit lassen sich Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten auch in größeren Fertigungszusammenhängen besser koordinieren und durchführen.

Die AR-Technologie soll dabei die personelle Lücke schließen, die beispielsweise durch den Fachkräftemangel in vielen Unternehmen besteht. Denn über AR-Anwendungen können Experten von überall her hinzugezogen werden, ohne dass diese vor Ort sein müssen. Es ist damit nicht mehr zwingend erforderlich, dass das gesamte notwendige Fachwissen in house vorhanden ist.

Die Mitarbeiter können dank Telepräsenz und Übertragung der Situation im Werk von den Experten angeleitet werden. Diese Form der Zusammenarbeit ist abteilungs-, bereichs- und werksübergreifend möglich. Der so realisierte Wissenstransfer kann prinzipiell sogar zu Schulungszwecken genutzt werden – als eine Art „Learning-by-doing“ unter direkter Aufsicht von qualifiziertem technischem Personal.

Verbesserung der Kundenbeziehungen

Ähnlich wie im Bereich der Personalschulung funktionieren AR-Anwendungen im Hinblick auf die Beziehung zwischen Hersteller und Kunde. Das gilt vor allem für die Beratung, die etwa Maschinen- und Anlagenbauer bei komplexen Produkten zu leisten haben.

Durch AR-Technologie ist eine sehr viel bessere Veranschaulichung möglich – von den Produkten an sich, von einzelnen Komponenten oder von der Integration der Maschinen und Anlagen in den Betrieb. Die Kunden gewinnen so nicht nur eine Vorstellung der Funktionsweise eines Produkts, sondern genauso von dessen räumlichen Ausmaßen am vorgesehenen Standort.

Außerdem können Änderungswünsche direkt gemeinsam mit dem Kunden erörtert und auf die genutzten virtuellen Modelle übertragen werden.

Hilfe bei der Qualitätssicherung

Virtuelle Modelle von Produkten und Bauteilen lassen sich zusammen mit AR-Geräten auch in der Qualitätssicherung nutzen. Über die Displays können Original und Modell per Overlay miteinander verglichen werden. Zeigen sich dabei Abweichungen von Herstellerangaben, lassen sich diese direkt im Overlay markieren.

Dieses Prinzip ist sogar auf größere Projekte übertragbar. Bei Airbus etwa werden Mixed Reality-Anwendungen genutzt, um den Technikern vollständige digitale Modelle und Skizzen zur Verfügung zu stellen. In erster Linie können so während der Produktion strukturelle Halterungen überprüft werden. Die AR-Technologie ist in diesem Fall in der Lage, die Kontrolle der bis zu 80.000 Halterungen erheblich zu verkürzen.

Bessere Planung von Produktionsbereichen

Per AR-Technologie lassen sich Modelle von Produktionsbereichen oder ganzen Fertigungsanlagen auf die reale Umgebung projizieren. Auf diese Weise ist es möglich, die Planung von Maschinen, Lagerflächen, Transport-, Fahr- und Fluchtwegen schon im Vorfeld der Inbetriebnahme zu überprüfen – und zu optimieren, sollte sich vor Ort die Notwendigkeit von Nachbesserungen zeigen.

Anwendungsbeispiele für AR: Einblicke in die Praxis

Die oben beschriebenen Anwendungsbereiche für AR-Technologie sind in vielen Unternehmen keine theoretischen Überlegungen mehr. Sie gelten vielmehr bereits als fester Bestandteil des Arbeitsalltags.

Installation von neuen Fertigungslinien bei Toyota Motor Corporation

Die Toyota Motor Corporation nutzt AR-Anwendungen, um die Installation von neuen und die Wartung von bestehenden Fertigungslinien und Werksgebäuden an ihren weltweiten Standorten zu vereinfachen. Die Technologie hilft dabei auf verschiedenen Ebenen.

Die Herausforderungen

  • Anwesenheit von Experten: Die Kontrolle der Arbeiten, die Lösung potenziell gefährlicher Probleme, das Durchführen aufwändiger Arbeiten wie dem Vermessen großer Maschinen – viele dieser Prozesse erfordern in der Regel die Anwesenheit von Experten und/oder lizenzierten Technikern, die dafür eigens an die internationalen Standorte reisen müssen.
  • Strenge Kommunikationsrichtlinien: In allen Toyota-Betrieben, von der Zentrale bis zu lokalen Niederlassungen, gelten strenge Vorschriften für den Umgang mit vertraulichen Daten. Das schließt auch Software, Kameras und andere Endgeräte ein, die eventuelle Sicherheitslücken öffnen. Die Kommunikation zwischen weit entfernten Standorten wird dadurch erschwert.

Die Lösungen

  • Sichere Ausstattung: Um die Kommunikation und den Informationsfluss zu verbessern, setzt Toyota auf sichere Tools. Dazu gehört beispielsweise Vuforia Chalk (von PTC) für die Remote Assistance.

Das Tool kommt mit einer Reihe von Funktionen wie Live-Video und -Audio sowie der Möglichkeit, die Echtzeit-Ansicht mit digitalen Bemerkungen zu ergänzen. Um die Sicherheit zu gewährleisten, wurde das Tool für Toyota individuell angepasst und auf mobilen Endgeräten vorinstalliert, die in den Betrieben zum Ausleihen bereitstehen.

  • Remote-Experten per AR: Die Verwendung von AR-Technologie bei Toyota ist ein klassisches Beispiel, wie damit Expertenwissen für ein konkretes Problem über große Distanzen verfügbar gemacht werden kann. Sämtliche Arbeitsschritte bei der Installation und Wartung können so direkt über Mobiltelefon oder Tablet aus der Ferne begleitet werden. Der Techniker vor Ort wird mit präzisen Anweisungen unterstützt.

Das reduziert nicht nur den Reiseaufwand, sondern zugleich die Zeit, die etwa für Maschinenvermessungen ansonsten notwendig war. Außerdem lassen sich Fehler bei der Durchführung bei diesem Verfahren vermeiden.

Augmented Reality zu Schulungszwecken bei der BMW Group

Entgegen der Ergebnisse der TUM-Studie zu sinnvollen Anwendungsmöglichkeiten von AR hat man bei der BMW Group einen Ansatz gefunden, die Technologie zur Schulung der Mitarbeiter einzusetzen. Tatsächlich ist dies neben der Koordinierung von Pickvorgängen in der Logistik und der Qualitätssicherung (unter anderem in der Lackiererei) der wichtigste Verwendungszweck für AR-Anwendungen.

Mit Hilfe von Videos und Anleitungen, die die reale Umgebung des Shopfloors überlagern, sollen die zahlreichen Montageschritte vermittelt werden. Die Videos können dabei auf den jeweiligen Mitarbeiter abgestimmt und beliebig vor- und zurückgespult werden.

Ein Trainer begleitet die Übungen unter Live-Bedingungen. Seine Rolle sehen die Verantwortlichen darin, spezielle Fragen zu beantworten, die über die Video- und Anleitungsinhalte hinausgehen. Die AR-Technologie macht es möglich, die Schulung von mehreren Mitarbeitern parallel zu übernehmen.

Das Schulungsangebot wird laut Unternehmen gut angenommen. Insgesamt sorgen die Schulungsvideos dafür, dass sich die gewünschten Lernziele schneller erreichen. Anders fällt die Einschätzung für die Montage aus: Hier sieht die BMW Group keinen Mehrwert für AR-Anwendungen, obwohl es durchaus Anwendungsmöglichkeit gibt. Der Fokus liegt in diesem Bereich aber auch auf schlanken Prozessen.

HoloLens-Pilotprojekt bei Škoda

Bei Škoda wurde 2021 ein Pilotprojekt gestartet, um die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für AR-Brillen zu testen. Zu den Anwendungsbereichen zählen unter anderem:

  • die Wartung, die durch die unmittelbare Projektion von Handbüchern, Wartungs-Checklisten und ähnlichen Dokumenten optimiert werden soll, während die Hände der Techniker weiterhin frei bleiben;
  • Schulungen, die sich zum Beispiel durch parallele Videokonferenzen ergänzen lassen.

Die angepeilten Ziele des AR-Projekts sind ebenfalls unterschiedlich. Sie reichen von höherer Arbeitssicherheit (etwa durch eine niedrigere Fehlerquote) über eine verbesserte Kommunikation über Abteilungen und Standorte hinaus bis hin zu kürzeren Wartungsprozessen.

Gamification-Elemente sollen darüber hinaus als Anreiz für jüngere Mitarbeiter dienen und den Zugang zu technischen Berufen erleichtern.

AR zur Mitarbeiterbindung bei der Volvo Group

Genau wie die Toyota Motor Corporation setzt die Volvo Group für ihre AR-Anwendungen auf das Tool Vuforia von PTC. Genutzt wird die Technologie in verschiedenen Unternehmensbereichen. Ein wichtiges Ziel ist dabei, Volvo als attraktiven, innovativen Arbeitgeber zu positionieren.

Augmented Reality spielt dabei eine große Rolle, weil sie nach Unternehmensaussagen unterschiedliche Gruppen von Mitarbeitern und Bewerbern ansprechen kann:

  • Bestandsmitarbeiter werden aktiv in die neuen Prozesse einbezogen und tragen so zum Beispiel zum Wissenstransfer bei. Vor allem in der Qualitätskontrolle- und sicherung von Motoren ist es dadurch möglich, das Know-how von langjährigen Experten zu sammeln und auf zeitgemäße Weise für Nachwuchskräfte aufzubereiten.
  • AR-Technologien sind generell von großem Interesse für Bewerber. Durch den Einsatz entsprechender Tools profitiert die Volvo Group in zweifacher Hinsicht.

Zum einen stärken sie die Marke als modernes Technologieunternehmen und damit die Attraktivität als Arbeitgeber. Zum anderen erleichtern und verkürzen AR-Anwendungen die notwendigen Schulungen neuer Mitarbeiter signifikant.

Insgesamt soll mit Augmented Reality erreicht werden, dass die kognitive Belastung der Mitarbeiter sinkt, während gleichzeitig die Lernfähigkeit gefördert wird. AR-Technologien kommen daher verstärkt in Bereichen zum Einsatz, die sich nicht automatisieren lassen und auf menschliche Kompetenzen und Analyse angewiesen sind.

Vielfältige Werkzeugkiste für die Produktion

AR-Technologien finden in vielen Unternehmens- und Produktionsbereichen Verwendung. Dabei kommen sie als Unterstützung zum Einsatz, um Verbesserungen von Qualität, Kosten und Zeitaufwand zu erreichen.

Dazu ist es jedoch notwendig, die Anwendungen an die jeweiligen Anforderungen der verschiedenen Bereiche anzupassen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass Augmented Reality nicht für jeden Produktionsprozess die gewünschte Optimierung liefern kann.

Dennoch zeigen die Fallbeispiele die Stärke von AR-Anwendungen, insbesondere für Wartung, Instandhaltung, Montage, Qualitätskontrolle und Schulungen. Hinzu kommen übergreifende Vorteile wie die Verbesserung der Kommunikation innerhalb von Unternehmen sowie mit Kunden und Partnern – und das weltweit, rund um die Uhr. Insofern bietet AR vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die einen Mehrwert für die industrielle Produktion bedeuten.

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