Regenerative Landwirtschaft: Die nächste Stufe der nachhaltigen Lebensmittelproduktion

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Laut einem Bericht des Weltklimarats (IPCC) stammten 22 % der gesamten anthropogenen Treibhausgase (THG) aus dem Jahr 2019 aus der Land- und Forstwirtschaft und der Landnutzung. Kann die regenerative Landwirtschaft diesen Anteil verringern? 

Was versteht man unter der regenerativen Landwirtschaft?

Die regenerative Landwirtschaft bezieht sich auf jede Art von Landwirtschaft, die sich positiv auf die Umwelt auswirkt, anstatt sie zu erhalten oder zu schädigen. Während die Methoden der industriellen Landwirtschaft einen eher linearen Prozess darstellen, erkennt die regenerative Landwirtschaft an, dass Boden, Wasser, Pflanzen, Menschen und Tiere Teil eines zusammenhängenden Systems sind, und konzentriert sich auf die Reduzierung von Abfällen und die Gesundheit des Bodens. Das Weltwirtschaftsforum schätzt, dass die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft in der Europäischen Union bis 2030 jährlich um 6 % gesenkt werden könnten, wenn ein Fünftel der Landwirte eine “klimafreundliche” Landwirtschaft, wie die regenerative Landwirtschaft, betreiben würde. 

Jährliche Auswirkungen bis 2030, wenn 20 % der Landwirte in der EU klimagerechte Massnahmen ergreifen würden. Quelle: Weltwirtschaftsforum

Warum ist die regenerative Landwirtschaft wichtig?

Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen werden bis 2050 wahrscheinlich 90 % des Mutterbodens der Erde gefährdet sein, wobei alle fünf Sekunden das Äquivalent eines Fussballfeldes abgetragen wird. Während es nicht lange dauert, bis der Boden abgetragen ist, dauert es etwa 1.000 Jahre, bis nur ein paar Zentimeter Mutterboden entstanden sind. Angesichts der ständig steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln ist es klar, dass die Methoden der industriellen Landwirtschaft nicht nachhaltig sind. Laut derWeltbank geht ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel entweder verloren oder wird verschwenden. Dies ist ein Problem, das angegangen werden muss, um die Umwelt zu entlasten und die Klimaziele zu erreichen.

Als regenerative landwirtschaft werden landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden bezeichnet, die sich auf einen nachhaltigen Ansatz konzentrieren, wobei die Regeneration der Bodengesundheit, vor allem des Mutterbodens im Zentrum steht. Die Mikroorganismen im Boden spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie die Pflanzen mit Nährstoffen versorgen, die Bodenstruktur stabilisieren und so Bodenerosion verringern und die Wasserspeicherung verbessern. Die Pflanzen versorgen wiederum den Boden und die darin lebenden Mikroben wie Bodenbakterien und Bodenpilze mit Zucker, den sie aus der Fotosynthese gewonnen haben. Die Methoden der regenerativen Landwirtschaft zielen deshalb darauf ab, diese Mikroben zu erhalten und die Symbiose zwischen Mikroben und Pflanzen aktiv zu fördern. 

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Methoden der regenerativen Landwirtschaft

Es gibt verschiedenen Methoden der regenerativen Landwirtschaft, deshalb wstellen wir im Folgenden einige der gängigsten vor.

  • Direktsaat (No-Till) Bei dieser Anbaumethode wird auf jegliche Bodenbearbeitung, wie zum Beispiel das Pflügen, verzichtet. Dadurch nimmt die Menge und Vielfalt der Bodenmikroben zu, was die Bodenstruktur stabiler und den Boden widerstandsfähiger gegen Stressfaktoren macht. 
  • Kompostierung Bei diesem natürlichen Prozess werden Lebensmittelabfälle oder Dung in Dünger umgewandelt. Diese Materialien enthalten Kohlenstoff, der sich, wenn er dem Boden zugeführt wird, langsam zersetzt und stabile organische Stoffe bildet. Der Wiederaufbau ausgelaugter Böden mit Kompost ermöglicht organisches und nachhaltiges Wachstum.
  • Zwischenfrucht − Zwischenfrüchte werden in den saisonal bedingten Lücken zwischen zwei Hauptkulturen angebaut, um den Boden nährstoffreicher für die Folgefrucht zu machen. Der Anbau von Zwischenfrüchten ist eine beliebte Strategie, um die Bodenbiologie und -struktur zu verbessern, Nährstoffe zu recyceln, den Bedarf an synthetischen Düngemitteln zu verringern, Kohlenstoff aus der Atmosphäre in den Böden zu binden und den landwirtschaftlichen Abfluss zu reduzieren.
  • Integration von Tieren − Die Einbeziehung von Tieren in landwirtschaftliche Anbauprozesse erleichtert das Nährstoffrecycling. Die Beweidung von Deckfrüchten kann auch die Kohlenstoffbindung in Ihren Böden verbessern. 
  • Agroforstwirtschaft − Diese Methode beschreibt die bewusste Kombination von Land- und Forstwirtschaft auf einer Produktionsfläche. Das heisst, dass zwischen den Ackerkulturen Bäume und Sträucher gepflanzt werden. Das führt nicht nur zu vielfältigeren Ernteerträgen, sondern auch zu einer höheren Biodiversität und einem gesünderen Boden mit weniger Bodenerosion. 
  • Fruchtfolge − Die zeitliche Aufeinanderfolge verschiedener Kulturpflanzen auf einem Feld wird als Fruchtfolge bezeichnet. Sie ahmt die natürliche Vielfalt einheimischer Pflanzenökosysteme nach, was wiederum auch die Vielfalt der Bodenmikroorganismen erhöht und damit die Pflanzen widerstandsfähiger und ertragreicher macht.
Die Kompostierung ist eine Form der regenerativen Landwirtschaft.
Kompostierung

Welchen Beitrag leistet die regenerative Landwirtschaft zum Klimaschutz?

Der Lebensmittelsektor ist nach dem Energiesektor der zweitgrösste Treibhausgasemittent. Des Weiteren steht das Lebensmittelsystem vor vielen Herausforderungen, von Hunger und Abholzung bis hin zu Dürren und Überschwemmungen. Regenerative Lebensmittelsysteme können dazu beitragen, diese Entwicklung umzukehren und möglicherweise bis zum Ende des Jahrzehnts positive Ergebnisse für die Natur zu erzielen, indem sie Acker- und Weideland in Kohlenstoffsenken verwandeln, den Waldverlust umkehren und die Ernteerträge verbessern. Damit trägt die regenerative Landwirtschaft zur Mitigation und Adaption in der Klimakrise bei. 

Was bedeutet Klimamitigationl?

Der Begriff Mitigation bezieht sich auf die Bemühungen zur Reduzierung oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre. Neben Wäldern gelten auch Böden als wichtige Kohlenstoffsenken. Ein gesunder Boden, der nicht gestört wurde, kann mehr Kohlenstoff binden als ein geschädigter Boden.

Abgesehen von der Kohlenstoffbindung wird bei der regenerativen Landwirtschaft auch weniger CO2 ausgestossen, da weniger Maschinen und Pestizide eingesetzt werden.

Was bedeutet Klimaadaption?

Unter Klimaadaption versteht man die Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels. Die regenerative Landwirtschaft trägt zur Klimaanpassung bei, indem sie die Widerstandsfähigkeit des Bodens gegenüber Klimaveränderungen oder ungünstigen Wetterbedingungen erhöht. Ein gesünderer Boden nimmt mehr Wasser auf, macht das Ackerland widerstandsfähiger gegen Überschwemmungen und Dürreperioden und verringert den Abfluss. Die Fruchtfolge sichert auch die Pflanzenvielfalt, was das Risiko eines Ernteausfalls bei besonders ungünstigen Witterungsverhältnissen verringert.

Der Übergang zu einer regenerativen Landwirtschaft

Zwar wird die regenerative Landwirtschaft immer beliebter, aber bis sie die konventionellen Anbaumethoden vollständig ersetzen kann, wird es noch dauern. Der Schlüssel liegt dabei in der Aufklärung und Sensibilisierung für die Vorteile der regenerativen Landwirtschaft, denn nur wenige Verbraucher und politische Entscheidungsträger sind sich der unzähligen Vorteile dieser Landwirtschaftsmethode bewusst. Hinzu kommt, dass die Regierungen oft den bewährten industriellen Anbaumethoden den Vorzug geben, anstatt in eine nachhaltigere kleinbäuerliche Landwirtschaft zu investieren. Um die Landwirte bei der Umstellung auf eine regenerative Landwirtschaft wirklich zu unterstützen, sollten mehr finanzielle Anreize für diejenigen geschaffen werden, die sich für klimafreundlichere Bewirtschaftungsmethoden entscheiden. 

Es ist mehr Aufklärung über die regenerative Landwirtschaft erforderlich.
Ausbildung in der Landwirtschaft

Fazit

Angesichts der ständig wachsenden Weltbevölkerung, der ständig steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln und des in den nächsten Jahrzehnten gefährdeten Mutterbodens liegt es auf der Hand, dass nachhaltigere Methoden der Landwirtschaft eingeführt und übernommen werden müssen. Die regenerative Landwirtschaft wirkt sich nicht nur positiv auf die Böden aus, sondern auch auf unser Klima. Denn durch die regenerative Landwirtschaft kann der Atmosphäre Treibhausgase entzogen und unser Lebensmittelsystem nachhaltiger gestaltet werden. Damit diese Form der Landwirtschaft eine breitere Anwendung findet, muss mehr darüber aufgeklärt werden. 

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