Die wachsende Bedeutung von Robotern in der Logistikbranche

Avatar-Foto

Ein Produkt wählen, es in den Warenkorb legen, bezahlen und auf das Paket warten. Für den Kunden ist das ein einfacher Prozess. Im Hintergrund ist die logistische Aufgabe, Waren zur Haustür oder in den Laden zu liefern, seit dem Aufkommen des e-Commerce jedoch sehr viel komplexer geworden. Die vorrangige Frage in den Besprechungsräumen von Logistikunternehmen lautet: Wie können wir schneller und effizienter werden, ohne dass dies die Servicequalität beeinträchtigt? Jetzt haben sie die Antwort gefunden: intelligente Maschinen, und was noch interessanter ist: Roboter.

Dieser Artikel befasst sich mit den Auswirkungen, die die Robotik in jeder Phase der Lieferkette haben kann, von der Lagerhaltung bis hin zur Endauslieferung. Laut einem Bericht von Statista wurden 2021 158.000 Logistikroboter im Logistiksektor angeschafft, wobei die Zahl bis 2023 auf 250.000 ansteigen soll. Der Markt für Lagerroboter soll voraussichtlich von 6,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 bis 2028 auf 10,5 Milliarden US-Dollar wachsen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 11,4 % entspricht. Aber warum sind Roboter so gefragt, und wie revolutionieren sie die Logistikbranche?

Wie revolutionieren Roboter die Logistik?

FTS und Roboterarm in einem intelligenten Distributionslager.

Lagerhaltung 

Der Begriff „Lagerrobotik“ bezieht sich auf den Einsatz von Robotern, automatisierten Systemen und spezialisierter Software, um verschiedene Aufgaben wie den Transport von Materialien und repetitive Lagerabläufe zu übernehmen. 

Welche Arten von Lagerrobotern gibt es?

Derzeit sind verschiedene Lagerroboter auf dem Markt erhältlich, darunter fahrerlose Transportfahrzeuge (FTS), automatische kollaborative Roboter (Cobots) und Roboterarme. Alle diese Roboter beschleunigen und rationalisieren den Lagerprozess und sorgen für Genauigkeit. Die Lagerroboter können Gegenstände aufnehmen und bewegen, Kisten verschliessen und versiegeln und bei der Inventur helfen. Folgende Roboter werden im Lager am häufigsten eingesetzt: 

  • Fahrerlose Transportsysteme (FTS) − Fahrerlose Transportsysteme helfen im Lager bei der Beförderung von Inventar, Waren und Lieferungen und sind auf vordefinierte Routen angewiesen. Im Betrieb werden FTS als Ersatz für manuell betriebene Gabelstapler oder Kommissionierwagen eingesetzt. Einige FTS verwenden physische Führungen wie Drähte, Magnetstreifen, Schienen, in den Boden eingelassene Sensoren oder andere physische Markierungen, um vorgegebene Routen durch die Lagereinrichtungen festzulegen. Andere FTS navigieren in Arbeitsumgebungen, erkennen Hindernisse und vermeiden Kollisionen durch den Einsatz von Kameras, Lidar, Infrarot und anderen Spitzentechnologien. 
  • Roboterarme − Roboterarme mit mehreren Gelenkverbindungen werden zur Handhabung von Produkten in Lagerhäusern und Vertriebszentren eingesetzt. Roboterarme sind die am häufigsten verwendeten Kommissionierroboter, die für das Pick-and-Place, die Verpackung und Lagerung von Paketen sowie für die Palettierung eingesetzt werden können. 
  • Automatische Lager- und Bereitstellungssysteme (AS/RS) − Computergesteuerte Systeme, die zur Automatisierung der Lagerverwaltung und zur bedarfsgerechten Einlagerung/Auslagerung von Produkten eingesetzt werden. Diese Technologien werden in der Regel zusammen mit Lagerverwaltungssoftware eingesetzt und sollen die Produktbereitstellung und -platzierung beschleunigen. 
  • Ware-zur-Person − Funktioniert nach demselben Prinzip wie das AS/RS-System Mithilfe eines automatischen Lagersystems werden die Waren zu festen Kommissionierplätzen transportiert, wo die Mitarbeiter die Bestellungen bearbeiten.

Cobots

Fistbump zwischen Mensch und Roboter

Cobots sollen harmonisch mit dem Menschen zusammenarbeiten und ihn bei repetitiven Aufgaben unterstützen. Cobots haben sich sowohl für die Fertigung als auch für den Vertrieb als vorteilhaft erwiesen, da sie sicher, anpassungsfähig, schnell zu implementieren und einfach zu programmieren sind. Auch im Lager werden Cobots verstärkt eingesetzt.

Im Mai 2023 stellte Universal Robots auf der Automate 2023 den weltweit ersten Cobot für das Punktschweissen vor − eine Tätigkeit, die Cobots aufgrund des Gewichts der Schweisszange und der Schwierigkeit der Schweissnähte bisher nicht machen konnten. Im Opel-Werk in Eisenach werden seit kurzem Cobots für die Verschraubung von Klimakompressoren an den Motoren eingesetzt. Damit entlasten die Cobots die Mitarbeiter an der Motorlinie von einer ergonomisch belastenden Tätigkeit.

Bei welchen Aufgaben können Roboter im Lager helfen?

Verpacken und Auspacken

Die Robotik hat das Potenzial, die Produktivität in der Logistikbranche drastisch zu erhöhen, insbesondere beim Ein- und Auspacken von Kisten. Durch die Automatisierung dieser Tätigkeiten können Roboter die Geschwindigkeit und Genauigkeit des Ein- und Auspackens von Kartons erheblich steigern, was zu erheblichen Kosteneinsparungen für Logistikunternehmen führen kann. 

Roboter können auch das Verpacken von Gütern sicherer machen, da sie die Verlagerung grosser Objekte innerhalb der Lager erleichtern und auch in Bereichen arbeiten können, die für Menschen gefährlich wären. Ein weiterer Vorteil von Robotern ist, dass das Fehlerrisiko reduziert wird. 

Sehen Sie sich im Video die Lagerautomatisierungslösung von Brightpick für die Auftragsabwicklung an, die für verschiedene Produkte wie Lebensmittel, Arzneimittel, Elektronik und Körperpflegeprodukte eingesetzt werden kann. 

Wartung

Dank der Robotik kann die Wartung der Ausrüstung im Logistik- und Güterverkehrssektor automatisiert werden. Mithilfe des maschinellen Lernens kann die Leistung von Maschinen und Anlagen mit Sensoren analysiert und überwacht werden, so dass Probleme noch bevor sie entstehen erkannt und repariert werden. Das führt nicht nur zu weniger Ausfallzeiten, sondern spart auch noch Zeit und Geld. Mehr über KI-gestützte Maschinenüberwachungssysteme erfahren Sie hier

Lagerüberwachung

Durch die Automatisierung des Lagerverwaltungsprozesses können Unternehmen sicherstellen, dass sie nie zu wenig auf Lager haben. Roboter mit Sensoren überwachen die Lagerbestände und melden ihre Ergebnisse an eine zentrale Datenbank, wodurch das Risiko menschlicher Fehler ausgeschlossen wird. Die Unternehmen können dann entsprechend handeln, ihre Lagerbestände auffüllen und den normalen Handel ohne Verzögerungen für den Kunden fortsetzen. 

Paketverfolgung

Der Einsatz von Robotertechnologien zur Verfolgung von Paketen hat viele Vorteile. Während sich die Sendungen durch die Lieferkette bewegen, können Roboter sie zunächst schnell und präzise scannen und in Echtzeit verfolgen. Anhand dieser Informationen kann dann die Route optimiert werden, um eine pünktliche Lieferung der Fracht zu gewährleisten. 

Warentransport

3D-Containerschiff im Ozean. Grosses, mit Containern beladenes Frachtschiff auf hoher See.

In den nächsten zehn Jahren wird der Warentransport durch KI und Automatisierungstechnologien effizienter und schneller gemacht werden. Viele Branchen werden innovative Technologien einführen, um die besten Dienstleistungen erbringen zu können.

Schiffahrt

Die norwegischen Unternehmen Yara und Kongsberg haben gemeinsam die Yara Birkeland, das erste vollautonome und vollelektrische Containerschiff der Welt, entwickelt. Die Yara Birkeland startete 2022 ihren zweijährigen Testbetrieb Das Containerschiff verfügt über eine 7-MWH-Batterie, die die 1.000-fache Kapazität einer typischen Elektroauto-Batterie hat. Die Yara Birkeland kann 120 Container bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 Knoten transportieren, wobei die grössten derzeit in Betrieb befindlichen Frachtschiffe 24.000 Container transportieren können und doppelt so schnell fahren. Der Einsatz von KI in der Schifffahrt ermöglicht auch eine bessere Routenoptimierung, vorausschauende Wartung und Datenerfassung. 

Schienengüterverkehr

2022 testete die Technische Hochschule Chalmers in Göteborg einen selbstfahrenden Roboter, der den Zustand von Eisenbahnschienen inspiziert, damit Schäden frühzeitig erkannt und repariert werden können. Dadurch können Wartungskosten gesenkt und Verzögerungen vermieden werden. Dank Kameras, 3D-Lidar, GPS, einem Beschleunigungsmesser und vielen Trainingsdaten kann der Roboter eigenständig auf den Schienen fahren. Er lässt Zügen den Vortritt und hält sich auch an Schilder und Signale.

„Schienenschäden werden oft zu spät entdeckt, so dass für die Wartung ganze Streckenabschnitte gesperrt werden müssen. Das ist auf Dauer sehr kostspielig. Mithilfe des Roboters können Schäden jedoch frühzeitig erkannt und repariert werden, bevor es zu einem Unfall oder einer Entgleisung kommt. Dadurch können Kosten gespart werden und der Bahnbertrieb für den Personen -und Güterverkehr zuverlässiger gemacht werden. Zudem sorgt der Schienenroboter für mehr Sicherheit für das Wartungspersonal.“ – Krister Wolff, Dozent an der Technischen Hochschule Chalmers. 

Autonome Lastwagen

Branchenexperten gehen davon aus, dass autonome Lkw in den nächsten zehn Jahren zum alltäglichen Bild auf den Strassen gehören werden. Autonome Lkw werden die Logistik und das Lieferkettenmanagement verbessern, da sie die Lieferzeiten planbarer machen und so die Gesamteffizienz verbessern. Das ermöglicht Just-in-Time-Lieferungen, die den Wertschöpfungsprozess deutlich verschlanken.

Eine der Herausforderungen für autonome Fahrzeuge besteht darin, ihre Umgebung zu verstehen und entsprechend zu handeln. Für den Spurwechsel benötigen Pkw in der Regel einige Sekunden, bei Lkw dauert dieses Manöver in der Regel etwa 7-8 Sekunden. Daher ist ein verbesserter Erfassungsbereich wichtig. Der amerikanische autonome LKW-Hersteller TuSimple hat deshalb eine Technologie entwickelt, bei der der Lkw seine Umgebung aus der Vogelperspektive sieht. Dafür werden spezielle Kameras um das Fahrzeug herum installiert. Durch den Abgleich von räumlichen Daten und der 2D-Objektverfolgung -und erkennung, kann eine detaillierte 3D-Visualisierung erstellt werden.

Endlieferung

Ein autonomer mobiler Roboter bei der Auslieferung in einer Stadt

Auch der letzte Teil der Lieferkette kann automatisiert werden. Unternehmen weltweit entwickeln die dafür notwendigen Technologien. 

Autonome mobile Roboter oder AMR (Autonomous Mobile Robots)

Die erste europäische Flotte von Lieferrobotern wurde im Juni 2023 in Litauen in Betrieb genommen. Die Flotte ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen Clevon, dem Unternehmen für autonome Zustellung, der Lieferplattform LastMile und der Supermarktkette IKI. Die “Autonomous Robot Carriers”, kurz ARCs holen die Waren im Supermarkt ab und liefern sie zu den Kunden nach Hause. Die abschliessbaren Fächer der ARCs können mit einem Code, der ans Handy geschickt wurde, freigeschaltet werden. 

In Grossbritannien weitet der Paketzustelldienst DPD seine autonome Roboterzustellung bis 2023 auf 10 Städte aus. Die Roboter navigieren auf Fusswegen nur mit Hilfe einer Kamera, während der Kunde den Roboter auf einer Karte auf seinem Handy lokalisieren kann. Das estnische Unternehmen Starship, dessen AMR die ersten autonomen Lieferroboter in britischen Innenstädten waren, hat im Mai 2023 seine 5-millionste autonome Lieferung durchgeführt. Angesichts der grossen Beliebtheit von AMR in den verschiedensten Branchen, ist es nicht verwunderlich, dass der AMR-Markt bis 2030 mit einer CAGR von 15,5 % ein deutliches Wachstum verzeichnen wird. 

Lieferdrohnen

Statt auf Strassen, kann die Endlieferung auch in der Luft erfolgen. Laut Forbes können Restaurants die durchschnittlichen Kosten für die Zustellung um bis zu 40 % senken, wenn sie eine automatisierte, durchgängige Drohnenzustellung einführen. Neben dem Transport von Lebensmitteln, eignen sich Drohnen auch gut für die Lieferung von Medikamenten. Das amerikanische Unternehmen Zipline liefert mithilfe von Drohnen lebensrettende Blutkonserven und medizinische Hilfsgüter an 12 abgelegene regionale Krankenhäuser in Ruanda. Auch in anderen Ländern, wie Japan, Kenia, Ghana, Nigeria, der Elfenbeinküste und den USA kommen die Drohnen zum Einsatz. 

Laut McKinsey & Company könnten Lieferdrohnen für die Paketzustellung genauso kosteneffizient werden wie traditionelle Transportmethoden. In einigen Regionen, in denen die Verkehrsinfrastruktur schlecht ist, können Drohnen bereits die kosteneffizienteste Art der Zustellung sein, die zudem viel umweltfreundlicher ist als der Einsatz von Lastwagen. 

Kosteneffizienz von Lieferdrohnen im Vergleich zu anderen Transportmitteln. Quelle: McKinsey & Company.

Ein Ausblick auf die Zukunft

Sind diese Roboter die Zukunft der Logistik?

Da die Erwartungen der Kunden und das Volumen von Paketen, Sendungen und Aufträgen auf ein Niveau gestiegen sind, das mit herkömmlichen Methoden nicht mehr zu bewältigen ist, hat die autonome Robotik das Potenzial, die Abläufe zu verbessern und neue Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung, Risikominderung, Kostensenkung und Verbesserung der Datenerfassung zu bieten. Die Unternehmen suchen ständig nach innovativen Möglichkeiten die einzelnen Stufen der Lieferkette zu verbessern. Derzeit werden viele neue Innovationen getestet und umgesetzt, um die Abläufe in der Logistikbranche zu verbessern. 

Bei all diesen technologischen Entwicklungen kann die Angst aufkommen, dass Roboter unsere Arbeitsplätze übernehmen werden, aber das sollte nicht der Fall sein. Zwar arbeiten Menschen bereits effizient mit Robotern zusammen, aber es gibt noch Luft nach oben. Wir sollten uns nicht davor fürchten, dass Roboter unsere Arbeitsplätze wegnehmen, sondern den Mehrwert, den Robotersysteme mit sich bringen, begrüssen. Die Zukunft von Menschen und Robotern, die Seite an Seite arbeiten, ist ein spannender Gedanke.

Total
0
Shares
Vorheriger Beitrag

Bionische Fahrzeugkonzepte: Inspiration aus der Natur

Nächster Beitrag

Wie verändern Roboter das Transportwesen?

Verwandte Beiträge